
Sie sind ja sowieso schon eine Augenweide, die Blüten der Wilden Möhre (Daucus carota), doch sie warten noch mit einer zusätzlichen Besonderheit auf: Dunkle Blüten in der Mitte, sogenannte «Scheininsekten», die einzig dazu dienen, Insekten anzulocken.
Anhand dieses besonderen Merkmals lässt sich die Wilde Möhre von zwei der giftigsten, ähnlich aussehenden Doldenblütlern unterscheiden: der Hundspetersilie Aethusa cynapium) und dem ebenfalls giftigenGefleckten Schierling (Conium maculatum). Diese weisen nämlich keine solchen «Mohrenblüten» auf.
Anhand dieser purpurschwarzen Blüte (seltener auch mehrere) könnt ihr die Wilde Möhre eindeutig bestimmen. Sie ist unfruchtbar und als «Scheininsekt» – so vermutet die Wissenschaft – einzig und allein dazu da, Insekten anzulocken. Die denken sich nämlich «Schau, da ist wer auf der Blüte, da gibt es sicher reichlich Pollen, da muss ich auch hin». Da geht es ihnen doch wie uns, wer kehrt schon in eine Gaststätte ein, in dem kein einziger Gast sitzt, während alle anderen gut besetzt sind?


Diese schwarzroten Blüten inmitten der weissen Dolde haben tatsächlich eine Signalwirkung auf Insekten. In einer Zeit, wo es weisse Doldenblütler en masse gibt, muss man schon mit einer Besonderheit aufwarten, damit man von den Insekten nicht übersehen wird. Die werden mit diesem simplen Trick von der Konkurrenz weggelockt.
Auf dieser Doldenblüte könnt ihr gleich zwei «Mohrenblüten» sehen, so werden diese unfruchtbaren, schwarzroten Blüten auch genannt. Diese Bezeichnung verhalf der Wilden Möhre einst zu ihrem Namen.
Eine weiteres Merkmal der Wilden Möhre ist, dass sich die verblühten Dolden zur Fruchtzeit, während der Samenreife, krallenartig zu einem «Vogelnestchen» zusammenziehen (Bild). Genauso wie bei feuchtem Wetter und vor dem Aufblühen.
Obwohl unsere kultivierten Karotten durch Züchtungen – vermutlich neben zwei weiteren Stammpflanzen – aus der Wilden Möhre hervorgegangen sind, hat diese nur wenig mit dem klassischen «Rüebli» gemein. So riecht die bis zu 80 Zentimeter lange, weissliche, dünne und verholzende Wurzelrübe der Wilden Möhre eher unangenehm und hat einen scharfen Geschmack. Sie ist zwar essbar, aber wenn, dann sollten nur die einjährigen Wurzeln, vor der Blüte, verwendet werden.


Auf den Blüten der Wilden Möhre herrscht stets ein reges Kommen und Gehen von Käfern, Wanzen, Schwebfliegen- und Wildbienenarten. So sind die Blüten beispielsweise Hauptpollenquelle für die Sandbienen Andrena nitidiuscula und Andrena pallitaris. Zudem ist sie eine wichtige Raupenfutterpflanze für den wunderschönen Schwalbenschwanz.
Man findet die Wilde Möhre nicht nur in der Natur, in mageren Wiesen und an Böschungen, sondern immer häufiger auch in naturnahen Gärten. Der Grund liegt wohl auch bei dieser Pflanze darin, dass die Wilde Möhre meistens Bestandteil von Wildblumen-Samenmischungen ist.
Wilde Möhren sind zweijährig, im ersten Jahr bilden sie lediglich eine bodennahe, gefiederte Blattrosette aus. Erst im zweiten Jahr gelangen sie zur Blüte und können dabei bis zu 100 Zentimeter – stellenweise auch höher – wachsen.
Ich bin eine grosse Freundin ihrer Blüten, sie sehen in jedem Stadium wieder anders aus. Dieses Bild zeigt sie kurz vor dem Aufblühen; nur bei voller Blüte erscheint der doppeldoldige Blütenstand flach.


Nun wünsche ich euch viel Freude beim Betrachten der Bilder in der Galerie.
Herzlich,
Gaby Kistler








