Ich sage stets, die Fichten tragen zweimal Kerzen, einmal weisse zu Weihnachten und dann im April/Mai, wenn sie mit roten Kerzen geschmückt sind.
Wer jetzt im Wald den Blick noch oben richtet, der sieht mit etwas Glück eine blühende Fichte. Man erkennt sie an ihren aufgerichteten, purpurroten Kerzen. Bis so eine Fichte (Picea abies) – bei uns Rottanne genannt – das erste Mal blüht, kann es ganz schön dauern.
Doris Laudert schreibt dazu in ihrem Buch «Mythos Baum»:
«Als Solitärgehölz blüht die Rottanne bereits mit 20 – 25 Jahren, im Bestand mit 50 – 60 Jahren». Sie beschreibt auch den gelben «Schwefelregen» der während der Hauptblütezeit in der Nähe von Fichtenwäldern niedergehen kann, bei welchem gewaltige Pollenmengen «gleichzeitig blühende Obstbäume förmlich verkleben, so dass diese von Bienen nicht mehr befruchtet werden können».
Zurück zu den purpurroten «Kerzen», die nun die Fichten schmücken. Es handelt sich dabei um die weiblichen Blüten in 2 – 4 cm langen Zapfen, die zuerst noch aufgerichtet sind, sich später jedoch nach unten neigen. Ihre Fruchtschuppen sind am Rand gewellt. Die männlichen Blüten hingegen sind zu Beginn noch in eher kugeligen, später bis 3 cm langen, beim Aufblühen aufgerichteten, rotgelblichen Kätzchen. Ihr findet dazu noch zusätzliche Bilder in der Galerie am Schluss des Beitrags.
Als unser Daheim noch von fünf grossen Fichten umgeben war, wies mich mein Grossvater bereits als Kind immer wieder auf die schönen, roten «Cherzli» (Kerzen) der Bäume hin. Er hatte selber stets eine Riesenfreude, wenn sie erblühten. Da es sich bei ihnen um – wie von D. Laudert erwähnt – Solitärbäume handelte, also freistehende Fichten, haben sie, soweit ich mich erinnern kann, im Alter von etwa 15 – 20 Jahren zum ersten Mal geblüht. Ihre Äste reichten bis zum Boden, das hat wunderschön ausgesehen und herrliche Verstecke für uns Kinder geboten. Richtige Märchentannen, vor allem auch im Winter, wenn sie mit Schnee bedeckt waren.
Leider stehen sie alle längst nicht mehr. Da Fichten ausgesprochene Flachwurzler, und daher sehr anfällig für Windwurf sind, fielen sie denn auch prompt allesamt in den letzten Jahrzehnten Stürmen zum Opfer (wir wohnen hier sehr windexponiert). Ersetzt haben wir sie durch andere Nadelbäume, durch zwei Eiben, eine Kiefer und eine mittlerweile 50-jährige Arve (Zirbelkiefer).
Nun wünsche ich euch da «draussen» von Herzen einen baldigen Feierabend und Einstieg in ein erholsames, «gfreutes» Wochenende
Gaby Kistler
Ein Kommentar bei: “Wenn Fichten rote Kerzen tragen”