Der stürmische, warme Föhnwind liess gestern diese Waldreben (Clematis vitalba) am Waldrand in der Luft flattern.
Mit meiner Schulfreundin spielte ich damit einst Tarzan und Jane, während die Jungs die Nielen rauchten – was ihnen nicht wirklich bekommen ist.
Wenn die «Lianen des Waldes» – einer flauschigen Daunendecke gleich – mit ihren zahlreichen hellen, wolligen Fruchtschöpfen über Sträuchern hängen, erinnert mich dies stets an Frau Holles Decke. Wird sie tüchtig ausgeschüttelt, fliegen zwar keine Schneeflocken, wohl aber Hunderte kleiner Sämlinge – kleine Nüsschen mit einem federartigen Anhängsel – durch die Lüfte.
In der Schweiz wird die Gewöhnliche Waldrebe als Niele bezeichnet (weitere Trivialnamen, auch der umliegenden Länder, findet ihr am Schluss des Beitrags). Sie gehört zu den wenigen Lianen, die in der mitteleuropäischen Flora vorkommen und so haben meine Schulfreundin und ich mit den verholzenden, kletternden Sprossachsen tatsächlich Tarzan und Jane gespielt. Das war möglich, weil diese Durchmesser von bis zu 6 Zentimeter erreichen können. Des Öftern aber landeten wir auf dem Hosenboden, weil die Seile dann doch nicht hielten, was sie versprachen.
Währenddem wir an den langen Lianen durch die Lüfte schwangen, haben die Knaben derweil die Nielen geraucht. Dies, obwohl die zu den Hahnenfussgewächsen zählende Pflanze ja eigentlich giftig ist und ihr Saft Stoffe enthält, die ätzend und hautreizend wirken sollen. Zum «Niele rauchen» wurden alte, getrocknete Stängel angezündet; in Österreich bezeichnet man so einen Stängel als Lianentschick“ oder „Waldtschick“ (Tschick = Zigarette(n.
Weitere, teils sehr lustige Trivialnamen für die Waldrebe fand ich auf Wikipedia:
Bettlerskraut, Brennkraut, Bindweide, Bocksbart (Göttingen), Düwels-tweren (Göttingen), Felsenrebe, Gänsemord (Elsass), Hagseil (Württemberg), Hagseiler, Hareil (Salzburg), Hexenstrang (Göttingen), Jutenstrick, Kateinl (Pinzgau), Lälen (Siebenbürgen), Lääne (Hausen ob Verena), Lahnheck (Eifel bei Altenahr), Len (Hallein), Leuen, Lieln (Salzburg), Liene (Österreich, Thüringen), Liere (Österreich), Liesch, Lilischweide, Liolo (althochdeutsch), Lylen, Lylim, Lynen, Nachtschatten (Henneberg), Niele (St. Gallen, Aargau), Niala (Chur, Glarus), Petersbart (Golling), Räucherli (St. Gallen), Rebbinden (Thüringen), Rebling (im Sinne von wilde Rebe), Rehbinden, Strubabuaba (Vorarlberg), Teufelszwirn (Golling), Teufelsstrick (Berchtesgadener Land), Tockebart (Göttingen), Waldstrick (Pinzgau) und Wilde Weinranken.
Übrigens: Sehr begehrt sind die langen Sprosse auch in der Floristik, beispielsweise zum Winden von Kränzen.
Nun hänge ich noch ein paar Waldrebenbilder an – von Mitte September bis März – und wünsche euch einen baldigen, erholsamen Feierabend,
Gaby Kistler