Was hat es mit den 12 Rauhnächten auf sich, über die bereits jetzt da und dort berichtet wird?
Sie beginnen je nach Quelle in der «Thomasnacht», vom 21. auf den 22. (Wintersonnwende), oder aber vom 24. auf den 25. Dezember und bilden somit die Brücke zwischen dem alten und dem neuen Jahr. Schon seit uralten Zeiten waren diese Tage im tiefsten Dunkel des Winters verbunden mit vielen Gebräuchen.
Was machen wir Heutigen im Jahr 2023 zwischen dem 24. Dezember und 6. Jänner? Immer mehr Menschen verbringen diese Tage schon gar nicht mehr daheim, sondern in fernen Gefilden am Sandstrand unter Palmen. Die Daheimgebliebenen gehen an diesen freien Tagen vielleicht auf Verwandtenbesuch, begeben sich anlässlich erster Ausverkäufe bereits auf Schnäppchenjagd, oder aber sie nutzen die freien Tage für erholsame Spaziergänge in der Natur, oder betreiben Schneesport.
Um die alten Gebräuche rund um die Rauhnächte in der heutigen Zeit besser nachvollziehen zu können, lohnt sich ein Blick in die Zeit unserer Vor-Vorfahren. Die war vorallem Eines: entbehrungsreich, dunkel, still; man hielt sich in russgeschwärzten Räumen mit wenig Licht auf. Die Winter waren oft bitterkalt und besonders im alpinen Raum sehr schneereich, so, dass man oft monatelang von der Aussenwelt abgeschnitten war. Nicht selten ging es um’s nackte Überleben, dann beispielsweise, wenn dem Winter ein Sommer mit schlechten Ernten vorangegangen war und folglich die Lebensmittelvorräte knapp wurden. Das ganze Sommerhalbjahr diente ja hauptsächlich dazu, Vorräte für den Winter anzulegen. Dabei galt es bei den damals noch sehr kinderreichen Familien viele Münder zu stopfen, auch die der Mägde und Knechte. Es gab weder Einkaufscenter um die Ecke, noch Ärzte und so war man völlig auf sich selbst gestellt.
In diesen Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr sollte die Arbeit ruhen; es wurde weder gewaschen, noch gesponnen, noch sollte sich ein Mühlstein drehen, das Einzige, was sich drehen soll in diesen Tagen, sei das Rad des Schicksals, welches am Neuen Jahr webt.
Von der Zeit der Rauhnächte, die sie als Losnächte bezeichnet, berichtet zum Beispiel auch Anna Wimschneider in ihrem wunderbaren Büchlein «Ich bin halt eine vom alten Schlag». So berichtet sie davon, wie es Brauch war, an den Losnächten dem Vieh etwas Geweihtes zum Fressen zu geben. Das waren bei ihnen daheim geweihte Heublumen, die man auf Brotstücke gestreut und an alle Tiere im Stall verteilt hat.
Bei vielen Bräuchen rund um die geheimnisumwitterten Rauhnächte geht es darum, Mensch und/oder Tier durch Rituale vor allerlei Unbill (Krankheit, (Hunger-)Tod, bösen Geistern/Dämonen) zu schützen. Gerade während dieser 12 Tage nämlich soll der Schleier zwischen der Diesseitigen und der Jenseitigen Welt besonders dünn sein.
Diese «Zeit zwischen den Zeiten», wie sie auch genannt wird, die 12 Raunächte, beginnen einigen Quellen zufolge mit der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, andere wiederum geben die «Thomasnacht» als die erste der Rauhnächte an, die Nacht der Wintersonnwende, vom 21. auf den 22. Dezember. Jede der 12 Nächte entspricht einem Monat, die erste dem Januar, die zweite dem Februar usw. In diesen Tagen entnahm man dem Herdfeuer glühende Kohlen, legte diese in eine Pfanne oder ein anderes Gefäss, streute ausgewählte Kräuter und Harze darauf und ging damit Gebete sprechend durch Haus und Stall. Mit dem Räuchern wollte man böse Geister, schlechte Energien, Krankheiten, alles was Mensch und Tier Schaden zufügen konnte, vertreiben und somit Platz für das Gute schaffen.
In dieser Zeit der Stille sass man – im oft einzigen Raum der beheizt wurde – zusammen, orakelte, hoffte Antworten auf Fragen zu erhalten, die von Bedeutung waren (wie wird beispielsweise die nächste Ernte im Sommer, oder findet der Sohn eine gute Frau zum heiraten, oder findet die ledige junge Frau einen geeigneten Partner im neuen Jahr?) Die Thomasnacht galt als DIE Nacht des Orakels. Jede Familie hatte dazu ihre ganz eigenen Rituale, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Auch die Träume sollen Überlieferungen zufolge während dieser Zeit besonders aussagekräftig sein, dementsprechend wurde ihnen in diesen Tagen eine grosse Bedeutung beigemessen.
Zu den wichtigen Themen rund um die Rauhnächte, also das Räuchern, Orakeln, Innehalten, sich Besinnen auf das was war und das, was kommen mag, gehört auch das Loslassen. Es ist die Zeit, in der man sich von allem Negativen, aus unbefriedigenden Lebenssituationen, von schlechten Energien und unliebsamen Eigenschaften befreien möchte. Die verbreiteten Neujahrs-Vorsätze bieten sich ja geradezu an, sich beispielsweise von schlechten Gewohnheiten wie dem Rauchen zu befreien. Einige schreiben das, was sie loswerden möchten, ihre Ängste, das was sie plagt, im alten Jahr auf einen Zettel und verbrennen diesen, auf dass sich alles Aufgeschriebene in Rauch auflösen möge, genauso wie das Papier selbst.
Der Begriff Rauhnacht (auch Raunacht) hat verschiedene Ursprünge. Da wäre zum Einen ganz naheliegend die Verbindung zum Rauch, dem Räuchern, also einem der verbreitetsten Rituale rund um die Rauhnächte. Dann gibt es noch jene zum mittelhochdeutschen Wort «ruch» (haarig, pelzig), welches auch eine Beschreibung für die Dämonen in diesen Nächten darstellen könnte.
Bis heute werden vorallem im Alpenraum noch viele Bräuche rund um das Vertreiben der bösen Geister und Dämonen des Winters ausgeübt. Informationen dazu über die Percht: https://brauchtum.net/die-perchten/
Liebe Gabi,
Danke für den wunderbaren Bericht. Ich komme aus einer protestantischen Familie deshalb galten bei uns die Tage des Umbruchs, des Rades des Schicksals nur bis zum 2.1..Von meiner Oma habe ich gelernt es darf niemals zwischen dem Tag vor Heiligabend bis zum 2 1. Wäsche hängen, ich halte mich heute noch dran. 2. Brauch, bis Heilige Drei Könige, wir waren Protestanten, musste der Weihnachtsbaum abgeräumt sein.
Vielen Dank liebe Gaby!
Das,Thema ist wirklich sehr interessant.
Vielen Dank für diesen einfühlsamen Beitrag. Ich freue mich darauf, mehr von euren Beiträgen über die Verbindung zwischen Mensch und Natur zu lesen!
Herzliche Grüße,
Steffi
Lieben Dank, Steffi, für deine Rückmeldung, die mich sehr freut. Ich hoffe, dir auch weiterhin mit meinen Beiträgen etwas Freude bereiten zu können. Herzliche Grüsse, Gaby
Vielen Dank, liebe Steffi! Weiss jetzt gar nicht, ob meine Antwort bereits angekommen war, habe im Moment Probleme mit dem Kontaktformular – wie so oft. – Ja diese Verbindung von Mensch und Natur, um die steht es leider schlecht, der Mensch hält sich viel lieber in der virtuellen Welt auf, als draussen in der Natur und wenn er mal rausgeht, hat er beim Joggen, Radeln oder anderen Freizeitbeschäftigung, kein Auge für die Schönheiten am Wegesrand. Aber dafür bin ich ja da und ich sehe es als meine Aufgabe, den Menschen die vielleicht nicht die Möglichkeit haben, so viel rauszugehen, die Wunder der Natur wieder etwas näher zu bringen. Man schützt letztlich nur was man sieht. Herzliche Grüsse, Gaby