Dieser Platz, unweit von meinem Daheim, war schon immer mein Lieblingsplatz. Hier spazierte ich bereits an Grossvaters Hand als Kind vorbei, auf der Suche nach Pilzen und als ich anfangs Zwanzig war, baute ich mir – nach der Rückkehr aus der Grossstadt – hier einen Unterschlupf. Von da aus konnte ich wunderbar das Wild beobachten.
Heute wird der Ausblick etwas von Strommasten getrübt, früher aber konnte man sich Jahrhunderte zurück wähnen, nichts deutete auf die Zivilisation hin.
Dieses Bild zeigt mich 1985, vor meinem Unterschlupf aus Ästen und Adlerfarn. Hinter mir eine kleine Heuraufe für das Wild.
Die Jahrzehnte sind seither nur so dahingeflogen, nun werde ich schon bald einmal 60ig. Von den Wäldern, in denen ich einen Grossteil meiner Kindheit verbracht hatte, zusammen mit meiner Schulfreundin, konnte es mit 17 Jahren nicht schnell genug in die Grossstadt gehen, wie es halt so ist, wenn man jung ist und auf dem Land aufgewachsen, man denkt, dort wäre alles besser.
Nach einigen Jahren, während denen ich auf einer englischen Bank gearbeitet hatte, gings wieder zurück an den Ort, an dem ich einst so glücklich war, denn das Pflänzchen wollte in den Schluchten von Asphalt und Beton nicht gedeihen. Ja, es ist bei uns Menschen nicht anders wie in der Natur, wenn wir nicht am für uns passenden Ort leben, können auch wir uns nicht entwickeln, nicht gut gedeihen. Die Blessuren, die ich mir auf meinen «Lehr- und Wanderjahren» fern der Natur, bei Menschen, die mir nicht gut gesinnt waren, eingefangen hatte, konnten hier, am Ort meiner Kindheit, draussen in den Wäldern, wieder heilen.
Die Natur aber kann uns nicht nur helfen, seelische Wunden zu heilen. Mit zunehmendem Alter geht es mir wie allen, man kämpft an manchen Tagen mit so manchem Zipperlein und manchmal bekomme ich auch schlecht Luft und das Atmen fällt mir schwer, alles ist eng ums Herz. Zum Glück muss ich mich dank der Hunde auch in solchen Momenten überwinden und nach draussen gehen und siehe da, nach einer Stunde an der frischen Luft geht es mir wieder besser. Im Wald noch ein paar Mal bewusst tief ein- und ausatmen, und ich bekomme wieder Luft, der Brustkorb öffnet sich und das Atmen fällt wieder leicht. Selbst Schmerzen und das Klemmen da und dort sind wie weggeblasen. Es ist unglaublich, welche regenerierenden und heilenden Kräfte die Natur für uns Menschen bereithält. Diese Erfahrung machte ich bereits vor 37 Jahren, lange bevor Studien das bestätigten und das «Waldbaden» aufkam.
Nachdem unsere Kinder vor wenigen Jahren ausgezogen sind, habe ich mit dem Führen dieses Natur-Tagebuchs begonnen. Ich mache das mit grosser Freude, denn es ist schön, wenn ich damit den Menschen die Vielfalt und Schönheit der Natur, just vor unserer Haustüre, zeigen kann. Nicht alle sind ja wie ich in der glücklichen Lage, dass sie so viel Zeit in der Natur draussen verbringen können.
Sie ist es, die mich einst vor langer Zeit wieder aufgerichtet hat, die mich auch heute immer wieder stärkt und inspiriert. Sie gibt mir soviel, dafür möchte ich ihr etwas zurückgeben.
Liebe Gaby
Ich lese deine lehrreichen, spannenden Beiträge immer wieder sehr gerne und lerne dabei das eint oder andere dazu, was mir so nicht bekannt war. Danke für den sehr ehrlich und berührenden Beitrag, gerade eben gelesen, ich kann dies gut nachempfinden und habe ähnliche Erfahrungen gemacht…. Die Natur heilt „Wunden“ und stärkt den Mensch.
Alles Gute zum 60zigsten Geburtstag!
Herzgruss
Eine dankbare Leserin
Liebe Sonja, hab vielen Dank für deine Zeilen, sie freuen mich sehr und motivieren mich zum Weitermachen. Geburtstag darf ich erst im Februar feiern, bin ein Lichtmesskind. Herzliche Grüsse, Gaby