Vom Brauch der Kräuterweihe

Heute mal wieder ein Tagebuch-Eintrag zum Thema Brauchtum im Jahreskreislauf:

Ein sehr alter Brauch, welcher heute in den katholischen Kirchen zu Maria Himmelfahrt ausgeübt wird, nämlich die Weihe der Kräuter, ist wahrscheinlich altdeutschen Ursprungs und galt einst Freyia, der Mutter der Natur, welche als solche für die Wetterbeherrscherin gehalten worden ist.

Es gibt auch eine christliche Legende zum heutigen Tag der Kräuterweihe.

Dazu steht in meinem Buch «Aberglaube-Sitten-Feste Germanischer Völker» von Reinsberg-Düringsfeld (Reprint von 1898), über das festliche Jahr, Folgendes:

«Die schöne Legende, dass die Apostel und Jünger, als sie am dritten Tage nach der Bestattung der heiligen Jungfrau zu ihrer Gruft kamen, um ihren Leichnam noch ein Mal zu sehen, die Städte leer, aber voll duftender Blumen und Kräuter fanden, bot einen passenden Anlass, die Sitte der Kräuterweihe als Erinnerung an die Mutter Gottes auf diese und auf ihr grösstes Fest, die Maria Himmelfahrt, zu übertragen.»

Aus diesem Grund werden bis heute in den katholischen Kirchen Kornähren und Kräuter geweiht, welche vor Krankheiten, Wetterschlag und «bösen Geistern» schützen sollen. Jeder Haushalt liefert dazu an diesem Tag ein Bündel Kräuter und Blumen zu dieser Segnung, um es nach dem Kirchgang zu Hause neben den geweihten Palmen vom Palmsonntag im «Herrgottswinkel» aufzubewahren. Nahte früher ein schweres Gewitter, so entnahm man dem Kräuterbuschen ein Blümlein oder Stängel, befeuchtete es mit Weihwasser und legt es unter dem Spruche: «Gott walt’s!» auf den Feuerherd, schloss alle Fenster und Türen, so, dass sich der Rauch im Hause verbreiten konnte. Dies, in dem festen Glauben, dadurch Haus und Feld vor Gewitterschaden bewahren zu können.

Wenn man heutzutage Solches liest und vielleicht darob den Kopf schüttelt, so mag man doch gedenken, dass ein Ernteausfall infolge eines Unwetters zur damaligen Zeit schwere Folgen für eine Familie, bis zum Hungertod, haben konnte. Da gab es noch keinen Grossverteiler um’s Eck, wo es Lebensmittel zu kaufen gab, die einen solchen Ernteverlust wettmachen konnten. Je nach Region enthält so ein Kräuterbuschen 7, 9 oder mehr Kräuter, «unter denen namentlich die Königskerze (Verbascum thapsus) als Hauptzierde in der Mitte des Sträusschens nie fehlen darf». Am Rhein, so steht geschrieben, mussten hier und da die Kräuter am vorhergehenden Donnerstag bei Sonnenaufgang ohne Messerschnitt gepflückt werden. Dieser Umstand lässt vermuten, dass, wie eingangs erwähnt, der Gebrauch des Kräuterbüschels, welchen die Kirche aufgenommen, altdeutschen Ursprungs ist und wahrschlich einstmals Freyia, der Mutter der Natur, galt.

Noch ein paar Worte zur Königskerze (auch Himmelbrand genannt) und der Kräuterweihe aus Wolf Dieter Storls Buch «Ur-Medizin»:

«Zur Kräuterweihe am Maria-Himmelfahrtstag nehmen die Frauen noch immer die Königskerze in die Mitte des Kräuterbündels. In Niederbayern besprengten Heilerinnen den blühenden Himmelbrand mit Weihwasser oder tauchten ihn in Quellwasser und berührten dann damit Kranke, während sie den Spruch aufsagten: «Unsere liebe Frau geht über das Land, sie trägt den Himmelbrand in ihrer Hand.»

Wie auch immer, ich finde solche Gebräuche und Rituale im Kreislauf der Jahreszeiten und Naturereignisse sehr schön, vorallem, wenn sie in der heutigen Zeit des selbstverständlichen Überflusses auf die eine oder andere, ganz persönliche Art vielleicht, noch immer ausgeübt werden. Sie sind ein Zeichen von Demut, was wiederum für mich nichts anderes ist, als ein eingedenk sein dessen, dass eben nicht alles selbstverständlich ist.

Ein Kommentar bei: “Vom Brauch der Kräuterweihe

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