Da baumelt sie, am Zwetschgenbaum, meine mit Beeren der Eberesche (Sorbus aucuparia) gefertigte Kette.
Wir starten trüb und nass, mit erfrischenden 12° in die neue Woche. Da halte ich doch mit ein paar hellen, bunten Bildern dagegen und starte mit einem Basteltipp.
Noch immer hält sich hartnäckig der falsche Glaube, dass die Beere der Eberesche (Sorbus aucuparia) giftig sei. Tatsächlich sind die rohen Beeren des Vogelbeerbaumes ungeniessbar und führen sogar zu Erbrechen und Durchfall. Getrocknet und gekocht sind sie jedoch nicht nur schmackhaft, sondern können auch heilsam sein.
«Wenn ich ein Stückchen Land besässe, ich würde mir ein kleines Wäldchen von Ebereschen pflanzen. Ein einziger schon der glühenden Bäume könnte das Gefühl eines Spätsommers ausmachen und verklären» (Gedicht von Else Lasker-Schüler)
Wie wahr! Seit vielen Jahren wächst in unserem Garten ein «Vogelbeerbäumchen», das uns im Frühjahr mit seiner schneeweissen Blütenpracht und im Spätsommer mit korallenrot leuchtenden Beeren vor dem blauen Himmel erfreut. Im Herbst dann wartet es mit einer warmen orange-roten Blattfärbung auf.
Der zur Familie der Rosengewächse zählende Baum ist fast in ganz Europa zu finden und «klettert» in den Alpen zuweilen bis auf 2400 Meter Höhe. Dieses Bild beispielsweise entstand auf einer Alp im Oberwallis, auf rund 1600 Metern. Die Wuchshöhe des Vogelbeerbaums beträgt ungefähr 15 Meter und das Höchstalter 120 Jahre, wobei er in den ersten 20 Lebensjahren sehr schnell wächst. Damit sichert er sich das Überleben, später nimmt das Tempo jedoch ab, das konnte ich bei unserem eigenen Bäumchen beobachten.
Auf diesem Bild seht ihr unser Vogelbeerbäumchen im Garten, welches unterdessen etwa 30 Jahre alt ist. Es wurde von Vögeln «gepflanzt», die hier wohl einst Kot mit Vogelbeersamen ausgeschieden haben. Vögeln lieben seine Beeren heiss, nicht umsonst wurden just die Beeren des Vogelbeerbaums früher als Köder für den Vogelfang benutzt. Solche Stellen, an denen Vogelfanganlagen aufgestellt waren, tragen heute noch den Flurnamen «Vogelherd». Ein solcher befindet sich nur ein paar Hundert Meter entfernt von meinem Daheim, ein felsiger Vorsprung in der Wiese.
Es heisst, dass die Vogeljagd für das Landvolk eine wichtige Nahrungsergänzung darstellte, gerade oder vor allem auch in Hungerszeiten. Die Jagd auf Grosswild war ihm ja untersagt. Übrigens ist auch der botanische Namen ein Hinweis darauf: Der Artname setzt sich aus «aves» und «capere» zusammen, was nichts anderes heisst als «Vögel fangen».
Dass über 150 verschiedene Namen im Volksmund für die Eberesche existieren, weist allein schon darauf hin, wie gross die Bedeutung dieses Baumes für den Menschen einst war.
Das Holz alter Ebereschen ist extrem hart – vergleichbar mit Eichenholz – weswegen es einst in der Wagnerei benutzt worden ist (Wagnerei = «Werkstatt eines Stellmacher genannten Handwerkers, der Räder, Wagen und andere landwirtschaftliche Geräte aus Holz herstellt»). Das Kernholz wiederum weist eine prächtige Maserung auf und eignete sich deshalb vorzüglich für Drechselarbeiten im Kunsthandwerk. – Einst wurden von unseren Vorfahren Schutzzeichen in Ebereschenholz eingekerbt, denn der Baum besass für sie die Kraft, vor Unheil zu schützen. «Schutz wurde den Schafherden zuteil, wenn sie durch Ebereschenalleen getrieben wurden. Schutz vor Blitz und bösen Mächten spendeten Ebereschenzweige, wenn sie am Hausgiebel angebracht waren» (Quelle: Hagedorn und Hopfenkranz/Ursel Bühring). Ursel Bühring erwähnt in ihrem wunderbaren Heftchen übrigens auch die Mährische Eberesche (Sorbus aucuparia ‹Edulis»), eine Züchtung, deren Beeren kaum bitter schmecken und sich getrocknet wie Rosinen verwenden lassen. Denn, wie eingangs erwähnt, die Beeren des Vogelbeerbaums sind gekocht oder getrocknet verwendet, nicht giftig und können sehr wohl zu Marmeladen Säften und Gelees verarbeitet werden.
Natürlich gilt auch bei dieser Wildfrucht – wie bei allem – dass man sie im gesunden Masse geniessen soll. Roh sollten Vogelbeerbeeren aber sowieso in keinem Fall verwendet werden.
Die Beeren der Eberesche können dann gesammelt werden, wenn sie vollreif sind. Bei mir zeigt sich das anhand der Vögel, die dann plötzlich das Bäumchen in Beschlag nehmen, vor allem die Stare. Die wissen ganz genau, wann die Beeren reif und wohlschmeckend sind. Es heisst, die Früchte können auch nach Frosteintritt verwendet werden, doch das könnte ich sowieso vergessen, bis dann sind sie längst von den Vögeln verspiesen.
Ich persönlich habe die Beeren noch nie in der Küche verwendet und überlasse sie stets den Vögeln. Da warte ich lieber auf die von mir besonders geliebten Beeren des Schwarzen Holunders. Mit ihnen stelle ich dann mein Lieblingsgelee und Saft für den Winter her.
Noch ein paar Worte zum Gehalt/Wirksamkeit der Beeren:
Die Beeren der Eberesche haben einen hohen Vitamin-C und Provitamin-A-Gehalt. Zu ihren Inhaltsstoffen zählt auch die Parasorbinsäure, sie ist leicht giftig und macht die Beeren bitter, weswegen sie nur gekocht oder getrocknet verwendet werden sollten. Diese Prozesse, das Kochen oder Trocknen, bauen die Parasorbinsäure in Sorbinsäure um, womit die Beere zu einem trefflichen Mittel gegen Pilze und Keime wird.
Verwendete Quellen: «Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen«/DasBeste, «Bäume – über die Wurzeln einer tiefen Verbindung«/Hase-Amber, «Hagedorn und Hopfenkranz» von Ursel Bühring, dem ich auch das wunderbare Gedicht entnommen habe und marktindex.ch.