Seit 1620 wächst die Nachtkerze (Oenothera) in Mitteleuropa, da sie demnach nach 1500 zu uns gekommen ist, gilt sie als Neophyt, zu Deutsch «Neue Pflanze». Es gibt wohl nur Wenige, die sich nicht an dieser grossen Heilpflanze erfreuen. Wie übrigens auch bereits unsere Vorfahren, welche die «Schinkenwurz», wie die Nachtkerze auch genannt wird, zudem auch in der Küche sehr geschätzt haben.
Es war um 1612, als die Nachtkerze einst in einem botanischen Garten zu Padua gezogen wurde und von wo aus das «Schinkenkraut», wie die Nachtkerze auch genannt wird, Mitteleuropa erobert hat. Nicht etwa, dass sie nach Schinken riechen würde, aber ihre Wurzel ist fleischig rötlich (Bild). Sie wurde einst als Gemüse zubereitet, in Scheiben geschnitten und in Essig und Öl angemacht, oder aber in Fleischbrühe gekocht und gegessen. Generell, so heisst es, kann die – vor dem Blühen der Pflanze! – geerntete Wurzel zubereitet werden wie etwa Pastinaken oder Schwarzwurzeln.
Blätter und Wurzeln wurden auch in ihrer einstigen Heimat, Nordamerika, von verschiedenen Stämmen der amerikanischen Ureinwohner als Nahrungsmittel genutzt.
Das Einzigartige an der Nachtkerze ist, dass man ihnen beim Öffnen der Blüten zusehen kann, denn das geschieht innerhalb von rund 15 Minuten. Nehmt doch einfach mal einen Stuhl und setzt euch vor eine Pflanze, die Knospen trägt, die sich bereits am aufdrehen sind (Bild). Ihr werdet zuschauen können wie sie sich öffnen, ein wunderbares Naturschauspiel. Ich habe festgestellt, dass die Blüten der grossblumigen Arten sich später, erst etwa ab 21.30 Uhr und natürlich langsamer öffnen, als die kleinblütigen. Die kleinblütigen Nachtkerzenarten beginnen bereits um 20 Uhr mit der Blütenöffnung und sie erfolgt viel schneller. Ihr findet im Internet zahlreiche Videos, die das Öffnen der wunderschön leuchtend gelben Blüten zeigen.
Der intensive Duft der Blüten ist leicht süsslich und lockt – das konnte ich während dem Beobachten der Blüten erleben – sehr viele Nachtfalterarten an. Dazu gehören beispielsweise der Nachtkerzenschwärmer und der Mittlere Weinschwärmer. Diese sind dann wiederum willkommene Nahrung für die Fledermäuse. Tagsüber werden die Blüten von Bienen, Tagfaltern und Hummeln angeflogen. Die Nachtkerze ist in jedem Fall von grossem ökologischen Wert, auch, weil sie bis weit in den November hinein den Besuchern ihrer Blüten Nahrung anbieten kann.
Die zweijährige Pflanze bildet im ersten Jahr eine Blattrosette und blüht erst im zweiten Jahr. Möchte man, dass sie sich nicht zu stark vermehrt, entfernt man zwischendurch mal wieder ein paar Blattrosetten. Sie sind vermehrungsfreudig, das sieht man an unkultivierten Orten, oft entlang von Eisenbahndämmen oder Strassenböschungen. Im Gegensatz beispielsweise zur Silberblättrigen Taubnessel, kann ich jedoch aufgrund der letzten 40 Jahre in meinem Garten nicht feststellen, dass die Nachtkerze andere Pflanzen gänzlich verdrängt.
Dank ihrer langen Pfahlwurzel bietet die Nachtkerze der sommerlichen Trockenheit erfolgreich die Stirn.
Die Nachtkerze – in meiner Quelle «Geheimnisse und Heilkräfte der Heilpflanzen» zu lesen – hat bei der Erforschung der Gesetzmässigkeiten der Vererbung eine grosse Rolle gespielt. Als wirksame Teile werden in allen Heilpflanzenbüchern Wurzeln und Blätter angegeben. Bekannt ist vielen von euch sicher das im Handel erhältliche Nachtkerzenöl, welches in der naturheilkundlichen Behandlung eine grosse Rolle spielt. Auszug aus Wikipedia: «Es wird aus den Samen gewonnen und zur Behandlung und symptomatischen Erleichterung bei Neurodermitis innerlich eingesetzt. Es wird in der Naturheilkunde außerdem bei Asthma, Heuschnupfen, Bluthochdruck, Migräne und Rheuma angewendet. Das Nachtkerzenöl kann auch bei Menstruations- und Wechseljahrbeschwerden genutzt werden. Ein weiteres Einsatzgebiet stellt die Haustierpflege dar. Hautreizungen und Haarausfall können mit dem Öl behandelt werden.»
Die Nachtkerzen sind eine grosse Bereicherung in meinem Garten. Jeden Abend öffnen sich neue Blüten, die dann jeweils für 24 Stunden geöffnet bleiben. Die stehengelassenen Samenstände erfreuen während der Herbst- und Wintermonate Distelfinken & Co. welche sie oft schwarmweise aufsuchen. Sie bieten den Vögeln die hier überwintern über einen sehr langen Zeitraum Nahrung.
Der Volksmund hat im Laufe der Jahrhunderte viele Namen für diese aussergewöhnliche Pflanze gefunden, nicht nur Schinkenwurzel: Nachtblume, Gelber Nachtschatten, Nachtschlüsselblume, Eierblume, Gelbe Rapunzel, Rapunzelsellerie, Härekraut, Rapontika, Rübenwurzel, Stolzer Heinrich, Weinblume oder Weinkraut und Hustenblume.
Noch ein wichtige Information: Bei uns in der Schweiz gilt die Nachtkerze NICHT als invasiver Neophyt und steht auf keiner entsprechenden Liste. Wie es in den umliegenden Ländern ist weiss ich nicht.
In meinem Garten blühen zwei Arten: Die Oenothera biennies (Gemeine Nachtkerze, mit «kleinen» Blüten) und die grossblumige Oenothera glazioviana (Rotkehlchige Nachtkerze).
bei uns sagt man Nachtbubensunne 🙂
Danke für die Ergänzung, liebe Kathrin. Herzliche Grüsse, Gaby