Rückzug in die Höhle

Schon lange nicht mehr habe ich einen so guten Artikel gelesen wie in der «NZZ am Sonntag» vom 17. Januar: «Nachrichten aus den Höhlen» von Peer Teuwsen.

Teuwsen drückt darin so vieles aus, das mich bereits seit längerem beschäftigt respektive bedrückt:

«Ist es eigentlich schon naiv, noch an eine Medienwelt zu glauben, die verschiedene Haltungen und Weltanschauungen in EINEM Medium vereint, ihrem Publikum also zutraut, sich ein differenziertes Bild zu machen?» – fragt Peer Teuwsen. Nein, traut sie uns nicht zu, das ist, was ich seit einem Jahr bedauernd und zunehmend verärgert feststellen muss.

Da der Mensch – das wusste bereits Aristoteles – «von Natur aus ein soziales Tier ist» schreibt P. Teuwsen weiter u.a. über die Lockdown-Situation wie man es treffender wohl nicht ausdrücken kann:

«Und so leben wir nun also in unseren Behausungen als moderne Höhlenmenschen, sitzen um unsere Heizungen, hängen am WLAN – und schreiben uns die Seele aus dem Leib. Die Wände werfen aber nur das Echo unserer Verzweiflung zurück. Also schreien wir noch lauter. Vor allem in den sozialen Netzwerken, diesen Echokammern der Einsamkeit.» Und: » ….. auch in der Schweiz schreien die Narzissten in ihren Höhlen auf, dass sie, bitte, bitte, gehört werden. All die Epidemiologen, Virologen, Politiker, Lobbyisten und Geistesmenschen bilden einen schrecklich disharmonischen Gefangenen-Chor, dem kein Mensch mehr eine Melodie abgewinnen kann. Reihenweise brennen ihnen angesichts eines Ereignisses für das wir Wohlstandsverwahrlosten kein Vorbild haben, die Synapsen durch.»

Dabei gingen doch die wichtigsten Fragen ob all dem verloren, nämlich:

«Wie finden wir wieder vom Individualismus zur Gemeinschaft, vom Ich zum Wir? Wie können wir die grassierende Ungleichheit mildern, die durch die wirtschaftlichen Konsequenzen von Corona wohl noch vertieft werden dürfte? …. Ist es so schwer zu erkennen, dass es allen besser geht, wenn es allen anständig geht? …. Fragen über Fragen, auf die wir keine Antworten haben. Erst recht, seit uns ‹Coronia› die Luft zum Denken und Handeln nimmt. Gesund ist das alles nicht. Der Rückzug in die eigene Höhle könnte für Opfer sorgen, von denen wir uns heute noch gar keine Vorstellung machen.»

Auch mit Letzterem trifft Peer Teuwsen exakt das, was mich ebenfalls schon lange umtreibt, mir Sorgen bereitet. Die Belegungszahlen der Psychiatrischen Kliniken sind nur ein Aspekt der leider in diese Richtung geht. – Es muss daher unser aller Anliegen als Teil einer Wir-Gesellschaft sein, sich um die Gefährdeten in dieser Zeit zu kümmern. Haben wir ein offenes Auge für sie, ein offenes Ohr, eine offene Türe, ein offenes Herz! Möge das Eis schmelzen.

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