Phänologie – Gärtnern aufgrund von Beobachtungen in der Natur

Dieses «Phänologische Handbuch» wurde mir zu Weihnachten geschenkt und als leidenschaftliche Naturbeobachterin hat die Schenkende bei mir damit einen Volltreffer gelandet. Es zeigt uns, wie wir bei Gartenarbeiten Hinweise von Zeigerpflanzen – und Zeigertieren berücksichtigen können.

Habt ihr beispielsweise gewusst, dass der Huflattich erst dann blüht, wenn der Boden eine Temperatur von 6° erreicht hat, also geeignet für die erste Aussaat ist?

«Phänologie», man hört dieses Wort in letzter Zeit vermehrt und ich muss sagen, diese Lehre, die es beschreibt, kommt mir und dem, was ich seit 1985 intensiv mache, nämlich die Natur beobachten, sehr entgegen: Phänologie geht der Frage nach, wie das Klima und die Witterung, die Pflanzen und Tiere in ihrer jahreszeitlichen Entwicklung beeinflussen.

Öfters habe ich auf die Frage, wann man was oder wo pflanzen soll, geantwortet, dass das ganz auf den Standort ankäme: ob an einem See, einem schattigen, kühlen Nord- oder sonnigen und warmen Südhang, auf 1500 oder 500 Höhenmeter, in einem städtischen Gebiet oder auf dem Land, im Süden oder Norden des Landes?

Dasselbe gilt für den Zeitpunkt, ab dem man im Garten die kälteempfindlichen Pflanzen wie Tomaten oder Gurken auspflanzen soll. Auch da kommt es ganz auf die Lage an, auf 400 Metern gärtnern ist anders als auf 800 Metern, so sieht auch die Pflanzenauswahl in Bergregionen anders als im Flachland aus. Zudem ist das Klima wärmer geworden: Lange habe ich mich an Grossvaters Garten-Leitspruch gehalten «Vor dem 15. Mai werden wärmeempfindliche Pflanzen wie Gurken oder Tomaten nicht ins Freiland gepflanzt, es müssen noch die Eisheiligen abgewartet werden.» Aber im Verlauf der letzten Jahrzehnte warte ich diesen Zeitpunkt zunehmend nicht mehr ab, weil die gefürchteten späten Fröste, die nach Eisheiligen noch eintreffen, immer seltener geworden sind.

Am besten orientieren wir uns doch ganz einfach an der Natur um uns herum und und so heisst es im Phänologischen Handbuch: «Wer auf der ganz sicheren Seite sein möchte, der wartet mit dem Auspflanzen von Tomaten & Co. bis der Holunder blüht. Denn dieser läutet den Frühsommer ein». Wenn wir auf dieses Merkmal vor Ort achten, so ist unser Handeln auch den örtlichen klimatischen Standortbedingungen angepasst.

In diesem Handbuch findet ihr ausgewählte Zeigerpflanzen und – Tiere, die zeigen können, wann welche Arbeiten im Garten empfehlenswert sind, wann beispielsweise der Gehölzschnitt erfolgen soll oder welche Gemüsearten gesät werden sollen.

Auf vielen Samentüten steht «Aussaat im März», aber ausschlaggebend für eine Saat sollte vielmehr die herrschende Bodentemperatur sein, die nämlich 5 bis 6 Grad betragen soll. Viel zuverlässiger als eine Monatsangabe sei in diesem Fall beispielsweise die Blüte des Huflattichs, er blühe zuverlässig erst dann, wenn der Boden 6 Grad warm ist. Das habe ich nicht gewusst und werde mich künftig darauf achten. Aber auch auf Insekten, Vögel und andere Tiere können wichtige Hinweise auf unsere Arbeiten im Garten geben. Sie sind ebenfalls in diesem Handbuch den Jahreszeiten entsprechend aufgeführt.

«Phänologie» stammt übrigens aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus phainestai (erscheinen, sich zeigen, zum Vorschein kommen) und logos (Lehre, Kunde Wort) und bedeutet so viel wie «Lehre der Erscheinungen». Folglich orientiert sich der phänologische Kalender eben an charakteristischen – sich zeigenden – Entwicklungsstadien bestimmter Pflanzen und Verhaltensweisen der Tiere.»

(Bild rechts: Huflattichblüte)

Seit 1951 werden übrigens in der Schweiz an rund 160 Stationen an die 30 verschiedene Zeigerpflanzen wie Apfelbaum, Haselstrauch, Herbstzeitlose oder Wiesenschaumkraut, beobachtet und deren Entwicklungsstadien notiert.

Das Büchlein wurde herausgegeben von der Schweizer Zeitschrift «Pflanzenfreund» und kann hier bezogen werden: https://www.pflanzenfreund.ch/handbuch

Ein Kommentar bei: “Phänologie – Gärtnern aufgrund von Beobachtungen in der Natur

  1. Wooow was für ein toller Beitrag, liebe Gabi! Ich habe für mich und zwei weitere Gartenliebhaberinnen das Buch gleich bestellt.
    Der Ansatz für den Inhalt des Buches ist so einleuchtend und interessant zugleich, dass ich mir diese Zeilen nicht entgehen lassen wollte. Vielen herzlichen Dank für Deinen wertvollen Lese-Tipp und das teilen Deines unglaublich grossen Wissens. Ich lese Deine Beiträge soosooo gerne. 🙂
    Alles Liebe, Tatjana

  2. Kompliment zu dieser wunderschönen Seite. Der Huflattich als Temperaturanzeiger wusste ich auch nicht. Alle Blogs sind spannend und schön zu lesen. Hier schau ich jetzt öfter vorbei. Toll. Weiter so. Schöne Grüße Diana .

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