Man findet sich wieder unter Linden

Gestern sass ich auf diesem Bänklein unter einer riesigen, sehr alten Linde und durfte auf meine Anfrage hin Lindenblüten zupfen.

Lange bevor ich die Linde erreicht hatte, umwehten mich lieblich-süsse Duftschwaden und ich konnte bereits von Weitem das laute Summen von unzähligen Bienen im Baum hören. Es heisst, der aus Lindenblüten gewonnene Honig zähle zu den besten.

Zusammen mit drei Generation der Bauersfamilie, sass ich auf der Sitzbank unter der mächtigen Krone der Linde. Der Vater mit seinen kleinen Kindern, die bereits geschickt die Blüten von den Zweigen zupften und deren Grossvater.

Mit grosser Freude trug ich nach einer knappen Stunde meine Ausbeute, eine Papiertasche gefüllt mit Lindenblüten, nach Hause, wo ich sie auf Tabletts zum Trocknen auslegte. Da sie so wundervoll dufteten, stellte ich zwei davon ins Schlafzimmer. Tatsächlich schlief ich darauf seit längerem wieder einmal durch, tief und fest wie ein Baby. Das verwunderte mich nicht, schreibt doch Elisabeth Brooke in «Kräuter helfen heilen»:

«Lindenblüten sind ein starkes Sedativum und entwickeln bei längerer Lagerung (mehr als ein Jahr) eine narkotische Wirkung….. Andererseits haben Lindenblüten selbst bei Überschreitung der empfohlenen Dosis keinerlei toxische Wirkung: Das Schlimmste, was dir dann passieren kann, ist, dass du einschläfst».

Sie empfiehlt die Lindenblüten, als ein gutes Beruhigungsmittel im Fall von Schlaflosigkeit. Dazu soll eine halbe Stunde vor dem Zubettgehen eine Tasse Lindenblütentee getrunken werden.

Für eine schweisstreibende Mischung empfiehlt sie: 15 g Lindenblüten, 15 g Holunderblüten, 15 g Königskerzenblüten, 15 g Kamille. Alle getrockneten Kräuter gut vermischen, ein bis zwei Teelöffel davon in einer kleinen Tasse mit kochendem Wasser überbrühen und möglichst heiss trinken.

Auf Facebook erhielt ich die Rückmeldung, dass durch das Destillieren der Blüten ein wunderbares Lindenblütenwasser gewonnen werden kann.

Dieses könne ergänzend bei Grippe, trockenem Husten, Schnupfen oder Bronchitis eingesetzt werden. Auch in Kosmetikprodukten kann Lindenblütenwasser verwendet werden.

Wolf Dieter Storl erwähnt in «Ur-Medizin» noch einen anderen Aspekt der Linde: «Beide, die Sommerlinde (Tilia platyphyllos) wie auch die Winterlinde (T. cordata) haben herzförmige Blätter, deswegen sind sie gut für das «Herz». – Selbstverständlich hätte man damals unter dem «Herz» nicht wie wir einen Muskel mit Pumpfunktion verstanden, sondern «den Sitz des Frohsinns und Mutes sowie die Mitte unseres Wesens, in der das Göttliche in uns seine Wohnung hat. Als herzkrank galt der Mutlose, der Trübsinnige, Unbarmherzige.»

Allein die Gegenwart der Linde könne da helfen und das Gemüt aufheitern. Nun gestern herrschte tatsächlich eine fröhliche Stimmung unter dem Baum und die Kinder waren sehr friedlich, ohne jegliche geschwisterliche Zankerei.

Die Linde, mit ihren herzförmigen Blättern, ist der Baum der Liebe und war Göttinnen geweiht. So wurde in der Antike unter Linden der Aphrodite geopfert, die Germanen wiederum verehrten in dem Baum Freya, die Göttin des Glücks und der Liebe. Christliche Missionare machten später Schluss damit und fällten diese «Hexenbäume» und es wurden Marienkapellen an ihrer Stelle gebaut. Diejenigen, die vom Beil verschont geblieben sind, bekamen eine Marienstatue, ein Bildstöckli, zu ihren Füssen, damit das Huldigen der Göttin Freya ein Ende hatte und so wurde aus den Freya-Linden Maria-Linden gemacht.

Der Baum der Freya – so schreibt Susanne Fischer in «Blätter von Bäumen» – sei für die Germanen zugleich auch der Gerichtsbaum gewesen, unter welchem Gerichtsverhandlungen abgehalten worden seien. Freyas Baum, so glaubte man, könne bewirken, dass die reine Wahrheit ans Licht komme. Wer weiss, vielleicht liess der süsse Duft dieses Baumes tatsächlich so manchen Richter zu einem milden Urteil bewegen.

Nicht wenige dieser Gerichtsbäume stehen noch heute. In der Schweiz, in der Gemeinde Linn im Kanton Aargau, gibt es eine geschichtsträchtige Linde die sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat. Sie wurde um 1150 (!) gepflanzt, so wird vermutet. Interessierte finden zu der Linner Linde hier noch mehr interessante Informationen: https://www.linnaargau.ch/linner-linde/

Die deutsche Bezeichnung «Linde» geht auf einen germanischen Baumnamen zurück, der seine Wurzel in dem indogermanischen Adjektiv lento-s = biegsam, habe. So scheint es die Biegsamkeit des Holzes und des Lindenbastes zu sein, welche der Linde zu ihrem Namen verholfen hat.

Da das weiche Lindenholz weder als Nutz-, Bau- oder Brennholz verwendbar ist, wurden beispielsweise Uhrenkästen, Spulen und Pinselstiele aus dem weichen Holz gefertigt. Einst war sie vorallem wegen ihres Bastes geschätzt, den man bereits in steinzeitlichen Pfahlbauten fand. Sie hätten daraus Betten, Matten, ja sogar Kleidungsstücke hergestellt. Später bedienten sich die Seiler dieses wunderbaren Materials. Im Mai jeweils sei die Rinde der Linden abgeschält worden und die weiche Innenseite abgetrennt. Zu Büscheln zusammengebunden, wurden sie so lange ins Wasser gelegt, bis sich der reine Bast leicht abgelöst habe.

Den grössten Nutzen jedoch von der Linde hätten die Bienen. Eine so grosse Linde setze sich aus bis zu 60’000 Blüten zusammen. Sie locken die Bienen mit ihrem besonders süssen Nektar an, der geradezu aus den Blüten und von den Blättern rinne.

Der Titel dieses Beitrags spielt übrigens auf einen Ausschnitt aus dem alten Volkslied «Kein schöner Land in dieser Zeit» an. Dort heisst es:

«Kein schöner Land in dieser Zeit, als hier das unsre weit und breit; Wo wir uns finden wohl unter Linden zur Abendzeit.»

Das wunderschöne Lied wurde 1912 erstmals in einem Liederbuch veröffentlicht («Unsere Lieder», des Österreichischen Wandervogels)

WARNHINWEIS:

«Wer gegen eine Zutat allergisch ist, darf diese natürlich nicht verwenden!

Für die Verwendung in Schwangerschaft, Stillzeit, bei vorliegenden schweren Erkrankungen und für Kinder fragt bitte Euren Arzt um Rat.

Aus rechtlichen Gründen:

Meine Empfehlungen basieren rein auf Angaben die ich Büchern entnehme und sollen keinesfalls dazu auffordern, sich selbst zu behandeln, eine ärztliche Behandlung oder Medikation abzubrechen oder sogar zu ersetzen. Ich bin weder Medizinerin, Heilpraktikerin noch Kosmetikerin.

Ich weise daher aus rechtlichen Gründen darauf hin, dass die in meinem Blog getroffenen Aussagen über die Wirkungsweisen der einzelnen Zutaten, Kräuter und Rohstoffe sowie der aufgeführten Rezepte und Anwendungshinweise nur zurInformation dienen sollen.

Heilversprechen zur Linderung und/oder Behandlung von gesundheitlichen Problemen und Erkrankungen gebe ich in keiner Weise ab und verspreche auch nichts derartiges.

Wer meine Rezepte oder Empfehlungen nachmacht, tut dies auf eigene Gefahr, wie es rechtlich so schön heißt.»

Ein Kommentar bei: “Man findet sich wieder unter Linden

    1. Herzlichen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich sehr, wenn die Beiträge gut ankommen, motiviert zum Weitermachen. Die Linde hat wirklich eine wunderbare Ausstrahlung, etwas Liebliches, Mildes, das sich auf einem überträgt. Liebe Grüsse, Gaby

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