Vor ein paar Tagen habe ich diesen blühenden Löwenzahn fotografiert. Wir beide haben beschlossen, dass wir Herbst und Winter dieses Jahr überspringen und gleich zum Frühjahr übergehen.
Würde ich das wirklich wollen? Mit Bestimmtheit Nein! Es ist gerade der Wechsel der Jahreszeiten, den ich auf keinen Fall missen möchte. Er symbolisiert für mich auf wunderbare Weise das Leben, von der Geburt bis zum Tod.
Wer viel in der Natur draussen ist, sich mit ihr zu verbinden vermag und geerdet ist, der sieht in den Jahreszeiten das Menschenleben auf wunderbare Weise abgebildet, nicht nur die körperliche, auch die geistig-seelische Entwicklung. Vom Samen, der während des Winters in der schützenden, dunklen Erde ruht und in sich bereits das neue Leben trägt. – Der im Frühling, wenn Licht und Wärme der höher stehenden Sonne ihn zum Leben erwecken, erste empfindlich zarte Triebe aus dem dunklen Erdreich dem Licht entgegenreckt, in leuchtend frischem Grün. Grad so ist der Frühling Sinnbild für Geburt, Kindheit, Jugendzeit. Später dann, sind die Sommermonate bestimmt von Wachstum und dem Entwickeln von Früchten. Diese Früchte entwickeln sich durch das Sammeln von Lebenserfahrungen, dem Überstehen von Sommergewittern, dem Lernen, wie man selbst nach einem schweren Hagelunwetter sich wieder aufrichtet und neu austreibt – grad wie es uns die Natur vormacht. Die Erkenntnisse, die wir uns dank der Erfahrungen solcher «Lebensstürme» aneignen können – nicht immer schmerzfrei – stellen für mich die Früchte des Lebens dar, die wir dann ab dem Spätsommer ernten können. Je nach Qualität der Früchte, die wir vermögen auszubilden, lassen sie uns nicht einfach nur älter, sondern auch reifer, lebensklug werden, ja vielleicht sogar im Lebenswinter irgendwann weise.
Mit 61 Jahren fühle ich mich langsam aber sicher im Herbst des Lebens angekommen, einem für mich persönlich sehr stimmigen Punkt. Jetzt darf ich die «Lebensernte einfahren»: von den gemachten Lebenserfahrungen und daraus gewonnenen Erkenntnissen profitieren. Ab diesem Zeitpunkt im Leben, zehrt man vom «Proviant», den man sich während der vorangegangenen Jahre in den «Lebensrucksack» gepackt hat. Grad so, wie ich auch als Mutter einst den Lebensrucksack meiner Kindern gefüllt habe, damit sie später gerüstet sind, um den Stürmen des Lebens zu trotzen (heute spricht man von Resilienz).
Trotzdem: Es wäre brandschwarz gelogen, wenn ich sagen würde, ich strahle jeden Tag vor Freude, wenn ich in den Spiegel schaue und die vielen Falten erblicke. Nun hat auch die hier abgebildete alte Birke nicht mehr das wunderschöne, schneeweisse, glatte «Gesicht» wie ein junges Bäumchen.
Bei uns Menschen mag es zum einen Teil die Genetik der Familie sein, manchmal aber auch Wind und Wetter, die Härte des Lebens, die uns Furchen ins Gesicht gezeichnet haben. Dazu stehe ich und schäme mich ihrer nicht.
Nein, ich hadere nicht mit der Jahreszeit des Lebens, in der ich angekommen bin (viel eher mit gesellschaftlichen Entwicklungen). Auch der bevorstehende Winter, der unweigerlich irgendwann auf den Herbst folgt, kann mich nicht erschrecken. Er wird eines Tages – möge er noch fern sein – seine schützende, wärmende Decke über mich ausbreiten, wie den Schnee über der Erde. Sie ist es, der ihr zur wohlverdienten Winterruhe verhilft .
wunderschön gschribe ❤️ischmer richtig is herz und das bild vom baum traumhaft danke ❤️❤️
warmherzig 🙂 und interessant beschrieben.