Etwas Nebel – Philosophie

Nebel verwischt die Konturen, wirkt wie ein natürlicher Schalldämpfer, es ist still und man fühlt sich wie in Watte gepackt. Das Ziel in der Ferne ist entschwunden, man ist gezwungen, Schritt für Schritt zu gehen, sich auf den Weg selbst zu fokussieren.

Auf mich hat Nebel eine ungemein entschleunigende Wirkung, er regt mich stets auch zum Nachdenken an.

Die Welt von heute in unseren Regionen, ist bald während 24 Stunden und an sieben Tagen laut und hektisch; täglich und überall prasseln Informationen über Geschehnisse der ganzen Welt auf uns ein. Auch wenn man sich dagegen wehrt, so ist es oft kaum möglich, sich dieser Informationsflut zu entziehen, sich vor ihr zu schützen. – Nein, ich will nicht unwissend sein und selbstverständlich bin ich vorbereitet, sollte es mal wirklich ganz schief laufen. Schliesslich bin ich mit Grosseltern aufgewachsen, Menschen, die noch die entbehrungsreichen, unsicheren Kriegsjahre erlebt hatten. Sie haben mich gelehrt in guten Zeiten vorzusorgen für die Not.

Aber darüber hinaus gedenke ich stets – jedenfalls so gut wie möglich – des folgenden Ausschnitts aus dem sogenannten «Gelassenheitsgebet»:

«Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann.

Gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann.

Gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden

So viele Menschen leiden heutzutage unter Ängsten und/oder Depressionen und es ist meine ganz persönliche Meinung, dass dabei neben der zunehmenden Vereinsamung unter anderem auch die immense Flut an Informationen, die wir tagtäglich zu bewältigen haben, einen Teil dazu beiträgt. Wir vermögen gar nicht all das zu verdauen, was uns aus der ganzen Welt an Schrecklichem und unfassbarem Leid «serviert» wird. Hinzu kommen beängstigende, düstere Zukunftsprognosen, geäussert von «Experten», die in der Vergangenheit mit ihren Prognosen nicht selten schon mehr als einmal falsch gelegen sind, vielleicht selber aber von den geschürten Ängsten direkt oder indirekt profitieren.

Da ist da noch das Berufsleben, das mit seinen stets steigenden Anforderungen und höher werdendem Leistungsdruck immer mehr abverlangt. Und hat der Mensch mal frei, so geht es auch in der Freizeit immer hektischer und stressiger zu und her. Der Feierabend und die Wochenenden sind prall gefüllt mit zahlreichen Freizeitaktivitäten. Nur ganz selten zählen dazu auch Musse, Lange-Weile, Zeit, in der man einfach mal wirklich nichts tut. Etwas, was immer mehr Menschen kaum mehr aushalten: Nichts tun, einfach nur SEIN.

Dabei bietet sich ein Gang hinaus in die Natur zum Entspannen und Loslassen geradezu an.

Es ist tatsächlich manchmal schwierig, im Kopf komplett «offline» zu sein. Für jeden von uns aber gibt es mit Bestimmtheit etwas, was uns dabei behilflich sein kann.

Bei mir sind es vorbeiziehende Wolken oder fliessende Gewässer, die mir besonders gut beim Abschalten und Loslassen helfen. Ich sitze auf einen Stein, schaue dem plätschernden Bächlein zu, und gebe dabei dem Wasser in Gedanken alles mit, was mich grad im Moment belastet, lasse es einfach davonfliessen. Oder ich schaue den Wolken beim Vorüberziehen zu, gebe ihnen mit, wovon ich mich befreien will.

Aber wie eingangs erwähnt, wirkt sich auch der Nebel zuweilen sehr wohltuend auf mich aus. Es ist alles ruhig, still, die Alltagsgeräusche der Umgebung sind nur noch ganz gedämpft vernehmbar. Langsam vor sich hin wabernde Nebelschwaden wirken sehr entschleunigend.

Man sieht beim Gehen im Nebel nicht mehr das Ziel, das uns zuweilen in unerreichbarer, weiter Ferne erscheint, uns vielleicht auch den Mut nimmt, sondern legt die ganze Kraft, das ganze Sein in den einzelnen Wegabschnitt. Und Schritt für Schritt kommen wir unmerklich dem Ziel näher.

Plötzlich, unverhofft, sind wir angekommen, wo wir sein wollten, vorbei sind all die Strapazen und Mühen, die Momente, in denen wir meinten die Kraft verlasse uns. Wir haben es geschafft, denn wir konzentrierten uns auf den Weg selbst, den einzelnen Schritt, bewältigten einen um den anderen und hatten in Gedanken doch stets das Ziel vor Augen, sahen uns bereits oben stehen, an der Sonne, am Licht.

Ich wünsche Ihnen allen von Herzen in den kommenden Tagen – egal was Sie feiern, ob Halloween, Allerheiligen oder Samhain – viel Licht und Sonnenschein auf den Weg,

Gaby Kistler

Über dem Nebel, der wie ein weisses Meer über der Ebene liegt.

Ein Kommentar bei: “Etwas Nebel – Philosophie

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