Drehwuchs – wenn Bäume sich wie Schrauben winden

Gestern erinnerte mich dieser linksdrehende Apfelbaum daran, dass ich schon lang mal einen Beitrag über den Drehwuchs an Bäumen schreiben will. Der kommt insbesondere an Obstbäumen ziemlich häufig vor, jedoch auch an vielen anderen Baumarten. Es gibt links- und rechtsdrehenden Drehwuchs und sogar den Wechseldrehwuchs, mal links mal rechts, wie beim Stricken.

Zu drehwüchsigen Obstbäumen meint ein Obstbau-Experte, dass bei ihnen der Drehwuchs meistens genetisch und sortenbedingt ist:

«Zuerst mal sind die meisten Birnbäume nach rechts gedreht (Bild) und die Apfelbäume nach links. Die Sorte Baarapfel macht da eine Ausnahme und ist wie die Birnen rechts gedreht». Bei den Zwetschgen sei beispielsweise die Sorte Fellenberg meistens rechtsdrehwüchsig. Von den Apfelsorten würden «Gravensteiner, Schneiderapfel, Bohnapfel und Lederapfel» keinen Drehwuchs aufweisen.»

«In geringem Umfang weist fast jedes Holz Drehwuchs auf. Bei Rechtsdrehwuchs verläuft die Faser am stehenden Stamm von links unten nach rechts oben. Bei Linksdrehwuchs ist der Faserverlauf umgekehrt. Im Jungstadium der Bäume ist oft Linksdrehwuchs festzustellen, der später in Rechtsdrehwuchs übergeht. Hier spricht man von Wechseldrehwuchs.»(Holzkunde Prof. Frommhold)

Dieser Wechseldrehwuchs sei öfters bei Fichten zu beobachten: in der Jugend drehen sie links herum und gehen später mit zunehmendem Alter später in eine Rechtsdrehung über. (Bild: Eibe)

Man findet den Drehwuchs zum Beispiel bei Kiefer (Bild, abgestorben), Ahorn, Buche und Hainbuche, wobei Buchen sowohl links- als auch rechtsdrehwüchsig vorkommen. Die stark drehwüchsige Kastanie wartet mit einer Besonderheit auf: Hier sind die Rosskastanien in der Regel rechtsdrehend und die Esskastanien linksdrehend. Bei Birken kommt Drehwuchs sehr selten vor und bei Lärchen häufiger als bei anderen Nadelbäumen. Das wiederum mag mit dem Vorkommen im Gebirge zusammenhängen.

Drehwuchs sei meistens genetisch bedingt, so liege die Vererbungswahrscheinlichkeit bei Rotbuchen beispielsweise bei 60% bis 70%. Dabei können sowohl Stärke als auch Drehsinn der Verwindung vererbt werden.

Es herrscht allgemein die Meinung vor, dass neben der Genetik, Art und Sorte des Baumes, auch der Standort einen Einfluss auf Drehwüchsigkeit hat: «Drehwuchs findet sich daher vor allem bei Bäumen, die besonders intensiven Bewindungsverhältnissen ausgesetzt sind» (Erwin Thoma). Aber auch eine Hanglage kann Ursache für eine Drehwüchsigkeit sein (Bild, Nussbaum in Hanglage).

Thoma teilt zudem die Meinung aller meiner benutzten Quellen, dass dieses verdrillte Wachstum die Standfestigkeit eines Baumes verbessern kann. So finden sich überall Hinweise, wie Drehwüchsigkeit die Bäume deutlich bruchsicherer macht bei Sturm und heftigen Windböen. Wehe der Wind allerdings entgegen des Drehsinns, so werde drehwüchsiges Holz wiederum bruchanfälliger.

Wer sich etwas drauf achtet, entdeckt in der Natur eigentlich recht viele drehwüchsige Bäume, nicht nur im Obstgarten (Bild: Apfelbaum)

Übrigens: Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass mancherorts als mögliche Ursachen für Drehwuchs unter anderem auch der Einfluss von Wasseradern, Elektrosmog, Erdstrahlen, Mikrowellen oder Handyantennenstrahlen diskutiert werden. Ich halte mich jedoch an die nachfolgend aufgeführten Quellen:

Holzkunde Prof. Frommhold, Erwin Thoma (Autor verschiedener Bücher über Bäume/Wald), Heinrich Gubler/Obstbauexperte, Xenophora/Iris Männig,

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