Sie trägt viele Namen, diese aus der Familie der Rosengewächsen stammende Pflanze: Wiesengeissbart, Wiesenkönigin, Rüsterstaude, Spierstaude, viele aber werden es vor allem als Mädesüss (Filipendula ulmaria) kennen.
Sämtliche grossen Kräuterheilkundigen schwärmten bereits in der Vergangenheit von dieser stattlichen Bewohnerin feuchter Wiesen.
Im 1700 Seiten umfassenden Botanikwälzer «Flora Helvetica» wird die Filipendula ulmaria als Moor-Geissbart bezeichnet. Erst im «Kleingedruckten» erscheint die Bezeichung Mädesüss.
Ein anderes Buch in meiner Bibiliothek, das grosse Standardwerk des berühmten Schweizer Kräuterkundigen Johann Künzle («Das grosse Kräuterheilbuch») führt das Mädesüss noch unter dem alten botanischen Namen Spiraea ulmaria und der Bezeichnung Wiesengeissbart. Er spricht von ihr als «eine der schönsten wildwachsenden Blumen unserer Gegenden.«
Die auch als Spierstaude bezeichnete Pflanze, mag feuchte Füsse. So findet man sie in Gräben, entlang von Bachläufen und in feuchten Wiesen. In meinem Garten kommt sie jedoch durchaus auch mit trockeneren Standorten zurecht.
Neben ihrer etwas eigenwilligen Blüte – viele kleine Einzelblüten in einer stark verzweigten, trichterförmigen Rispe – ist sie gut an den rot überlaufenen Stängeln erkennbar. In der Dämmerung, wenn die Luftfeuchtigkeit steigt, verströmen die Mädesüssblüten einen intensiven Duft.
Über die Deutung des Namens existieren viele unterschiedliche Theorien, je nach Übersetzung: Zum einen ist das Mädesüss eine «Mahdsüsse«, denn nach dem Absensen, entwickelt das welkende Kraut einen süssen Geruch. Andererseits aber wird der Name vor allem in Zusammenhang mit der Verwendung von Mädesüss als aromatisierende und süssende Beigabe zu Wein, insbesondere Met (Honigwein) gesehen (Metsüsse).
Während sie im Französischen als edle «Wiesenkönigin» bezeichnet wird (Reine de prés), soll der Volksmund ihr in einigen Regionen den weniger edlen Namen «Stopparsch» verpasst haben. Dies wohl in Zusammenhang mit der Verwendung von Mädesüss bei Durchfallerkrankungen, womit wir bei der Heilpflanze Mädesüss wären:
Wie die Rinde der Weide, enthält auch das Mädesüss Salicylsäure. Sein früherer botanischer Name lautete Spiraea ulmaria und von eben dieser erhielt das Medikament Aspirin seinen Namen, von der Spiraea.
Aber Achtung, was die Verwendung von Mädesüß bei Kopfschmerzen betrifft: Mädesüss enthält nicht nur die erwähnte Salicylsäure, sondern neben Flavonoiden, Gerbsäuren, ätherischem Öl und Zitronensäure, auch ein schwach giftiges Glykosid und dieses kann bei entsprechend hoher Dosierung Kopfschmerzen auslösen.
Der eingangs erwähnte Kräuterpfarrer Johann Künzle schreibt zum Mädesüss: «In der Naturheilkunde war der Wiesengeissbart schon lange als harn- und schweisstreibendes Mittel bekannt, die neuere Zeit hat dazu noch seine besonderen Heilkräfte gegen alle rheumatischen Leiden entdeckt.»
In der Pflanzenheilkunde werden Wurzeln, die grünen Blätter, wie auch die Blüten verwendet. Auflagen von zerquetschten grünen Blättern empfiehlt Künzle ferner bei Schnitt- und Stichwunden und bei rheumatischen Leiden ein Trank von Mädesüsswein (dazu siedet man die Blüten in Wein). Nicolas Culpeper, ein englischer Arzt, wendete diese Auskochung von Mädesüss in Wein bereits im 17. Jahrhundert auch erfolgreich als Einreibemittel auf dem Bauch bei einer Kolik an. Diese Wirkung ist nicht verwunderlich, ist doch das Mädesüss mit seinem Gehalt an Salicylaldehyd ein Schmerzmittel. Noch heute wird das Mädesüss – zwar nicht mehr gegen Koliken – jedoch bei Schmerzen und Fieber in der Volksheilkunde verwendet.
Obwohl mich das «süsse Mädel» manchmal wegen seiner starken Vermehrungsfreudigkeit (es lässt sich zudem nur sehr ungern entfernen) manchmal etwas ärgert, zumal es andere Pflanzen dabei gerne verdrängt, möchte ich es in meinem Garten nicht missen. Seine Blüten ziehen viele Besucher an, vor allem die grün schillernden, laut brummenden Rosenkäfer. Aber auch verschiedene Schmetterlings- und Wildbienenarten sind häufig auf ihnen anzutreffen. Ein besonders hübsches Duo bildet das Mädesüss zudem mit dem purpurroten Blutweiderich.
Hinweis: Fachkompetente Informationen über die Verwendung und richtige Anwendung von Mädesüss als Heilpflanze findet ihr in entsprechender Fachliteratur und darauf spezialisierten Internetseiten.