
Wer hätte gedacht, dass sich auch dieses zarte Insekt, genauso wie die Admirale und andere Wanderfalter, nun auf den weiten Weg über die Alpen in den Süden machen? Die unscheinbare Mistbiene, die eigentlich korrekterweise Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege (Eristalis tenax) heisst, zählt sogar zu den ausserordentlich kräftigen Fliegern. Messungen zeigten, dass sie bei Rückenwind locker ein Tempo von 40 Kilometern pro Stunde erreichen kann. Zudem war sie bei Fangaktionen in den Walliser Alpen bei den am zweithäufigsten vorkommenden Schwebfliegen.
Die Mistbiene (auch Schlammbiene genannt) verdankt den Namen der Tatsache, dass sie a) einen auf Biene macht, obwohl sie eigentlich eine Fliege ist und b) sich ihre Larven vorzugsweise in Jauchegruben oder schlammigen Teichen entwickeln.
Das lange Schwänzchen der Rattenschwanzlarven, wie die Larven der Mistbiene genannt werden, haben ein sehr langes «Schwänzchen». Doch dieses ist in Wirklichkeit kein Schwänzchen, sondern ein teleskopartiges, bewegliches Atemrohr, welches sehr dehnbar ist und mit dem die Larve wie mit einem Schnorchel an der Oberfläche Atemluft holen kann. Es heisst, diese Rohre können bis zu 10 cm ausgefahren werden. Auf diese Weise bekommt die Rattenschwanzlarve selbst noch in der trübsten Brühe stets frische Luft. Hat die stinkende «Sosse» jedoch einen guten Sauerstoffgehalt, so zieht sie den Schnorchel einfach ein und atmet über die Haut.


Die Mistbiene fliegt von Februar bis November und verlässt uns spätestens jetzt in diesen Tagen Richtung Mittelmeerregionen, wobei sie die Pässe der Alpen, Mittelgebirge und Pyrenäen überquert. Im Frühling erfolgt dann wieder der Rückflug Richtung Norden, wobei sich die Mistbiene auf ihrem Zug nach günstigen oder ungünstigen Windverhältnissen richtet, genauso wie die Wanderfalter oder Zugvögel.
Ich habe für die Recherche für diesen Beitrag mehr als 10 unterschiedliche Quellen konsultiert und wenn ich das richtig verstanden habe, fliegen tatsächlich nur die Männchen im Herbst gen Süden und die Weibchen überwintern hier. Ein Grund, weshalb diese auch mal mitten im Winter an einem warmen Tag gesichtet werden können. Bevor die Männchen dann im Frühjahr zurückkehren, werden die Weibchen vielleicht bereits Ausschau halten nach einer hübschen Brutstätte für ihre Rattenschwanzlarven.
Da es eine sehr grosse Anzahl an Schwebfliegenarten / Syrphidae gibt (in der Schweiz und Deutschland rund 450 Arten) , liess ich die Mistbiene zuerst bestimmen, bevor ich euch tatsächlich einen Mist erzähle. Leider ist auch bei dieser Art in den letzten Jahren ein Rückgang festzustellen.
Dass im Titel unseres alten Schweizer Volksliedes «Über de Gotthard flüged Bräme» (Bremsen), also sogar etwas Wahrheit steckt, davon berichtet auch dieser interessante Artikel: https://www.sac-cas.ch/de/die-alpen/mistbiene-auf-reisen-33717/

Und für alle die es interessiert: Hier hatte ich auf meiner Homepage einen Beitrag über die Wanderfalter – wie beispielsweise den hier abgebildeten Admiral – und ihre Gepflogenheiten geschrieben: https://natur-tagebuch.ch/das-interessante-leben-der-wanderfalter/
Übrigens: Auf allen gezeigten Bildern seht ihr Grossvaters wunderbare Winterastern (Chrysanthemum «Clara Curtis»), mit einer zauberhaften Blüte zwischen Mitte Oktober und Mitte November. Sie sind eine sehr wichtige letzte Nektarquelle für alle Wanderinsekten, bevor sich diese auf den langen Zug in den Süden machen.
Ein Kommentar bei: “Die Mistbiene – Wanderinsekt und grandiose Langstreckenfliegerin”