Gestern lief ich zu der Stelle hinauf, wo jeweils der Türkenbund (Lilium martagon) blüht, um nachzuschauen, ob er bereits mit der Blüte begonnen hat. Tatsächlich sind seine Blüten kurz vor dem Aufgehen (Bilder sind teilweise vom letzten Jahr). Auch das erste Lilienhähnchen konnte ich auf angefressenen Blättern beobachten.
Wer das erste Mal an einem Naturstandort Türkenbundblüten entdeckt, wird vielleicht – wie ich damals – ganz aus dem Häuschen sein, so wunderschön sind sie. Hätte ich bei meiner ersten Begegnung nicht gewusst, dass es sich um «Wildpflanzen» handelt, ich hätte wohl gedacht, da hat mal wieder jemand seine Gartenabfälle entsorgt und es handle sich um eine kultivierte Pflanze.
Eine einzelne Pflanze kann bis zu sechzehn und mehr der nickenden, duftenden Blüten entwickeln. Sie haben sechs, hellpurpurne Perigonblätter, sind hellpurpurfarbig, mit dunklen Flecken und zurückgerollt. Diese Eigenart verleiht der beeindruckend grossen Blüte eine Form, die an einen Turban erinnert. Tatsächlich sei das «martagon» in der botanischen Bezeichnung abgeleitet von «martagan«, was die türkische Benennung eines damals neuartigen Turbans gewesen sei.
Einmal war ich sehr traurig, als ich vor ein paar Jahren feststellen musste, dass einige der mit Knospen besetzten Stängel abgerissen waren. Fälschlicherweise hatte ich damals Wanderer verdächtigt, doch dann wurde ich von einem Bauern darauf hingewiesen, dass das Rehwild eine Vorliebe für diese Blütenknospen hat. Das Lilienhähnchen (Lilioceris lilii) jedoch, das ich jedes Jahr auf diesen Pflanzen beobachten kann, hat dem Türkenbund noch nie grössere Schäden zugefügt und höchstens ein paar durchlöcherte Blätter hinterlassen.
Vorkommen: Im Mittelland findet man den Türkenbund eher selten, vielmehr in den Voralpen, meistens in lichten Wäldern und auch auf Alpen. Oberhalb der Baumgrenze findet man ihn zudem in freier Lage auf Bergwiesen und Matten. Davon habe ich mal Bilder gesehen, sieht traumhaft aus, ganze Matten mit blühendem Türkenbund.
Das Bild nebenan entstand übrigens auf einer Wanderung in den herrlichen Österreicher Alpen, in einer Waldlichtung. Die restlichen Bilder entstanden alle in unserer Wohngemeinde, auf einer Höhenlage von etwa 700 Metern.
Im Volksmund existieren viele Namen für den Türkenbund, darunter wie immer auch recht amüsante (Auszug Wikipedia):
Goldapfel, Goldbölla, Goldknopf, Goldlilgen, Goldpfandl, Goldruabn, Goldwurzl, Goldzwifl, Poms d’or, Schlotterhose, Schmalzwurz, Sillingwuarz, Sillingrute, Türkisch-Huat
Es erübrigt sich wohl, darauf hinzuweisen, dass diese aussergewöhnliche Pflanze mehr oder weniger in allen Kantonen der Schweiz vollständig geschützt ist. Auch in Deutschland gilt sie gemäss Bundesartenschutzverordnung als besonders geschützt, wie auch in Österreich.
Mit diesen heutigen Bildern einer der stattlichsten Lilien Europas, wünsche ich euch allen von Herzen ein wunderschönes Pfingsten; wenn ich Zeit finde, melde ich mich morgen mit einer Bildergeschichte, «vom Raben und den Spaghetti».
Herzlich, Gaby Kistler
P.S. Wie immer findet ihr alle meine Beiträge auch auf der gleichlautenden Facebook Seite Natur-Tagebuch und auf meinen FB-Profil Gaby Kistler jeweils aktuelle Bilder aus meinem Garten.