Soeben ging eine lange Föhnphase zu Ende, die uns Temperaturen bis über 20° gebracht hat. Solche späten Föhnphasen Ende Oktober, anfangs November, waren einst die ideale Zeit für das «Lauben», dann wurden die Bettsäcke neu befüllt. Sie waren die Vorgänger der Matratzen. Auch Decken und Unterlagen für das Kopfkissen, sogenannte «Chröser», wurden mit Buchenlaub befüllt. Vielleicht stammt ja von da der mundartliche Satz «es Chrösi mache».
Die Tage des Laubens gaben Anlass zu einem Fest und zur Freude, doch sie waren streng reglementiert.
Das Sammeln von Laub war – wenn auch sehr unterschiedlich – streng reglementiert in Bezug auf Fläche, Dauer, Kosten. Es galt dabei, das Laub als Ressource gerecht zu verteilen und gleichzeitig auch den Wald zu schonen. Im Montlingen war das Laubsammeln bis 1925 ganz untersagt in Obberriet bis 1948. Andernorts war das Laubsammeln nur für die Ortsbürger gratis, andere mussten eine Taxe bezahlen (Grabs, Frümsen, Sevelen, Lienz, Buch und Wartau).
Zu den zeitlichen Einschränkungen, welche den Beginn und die Dauer des Laubens regelten, sowie den Ort, kamen noch Vorschriften zu den verwendeten Hilfsmitteln dazu: 1888 hielt ein Forstreglement fest, dass nur Besen für das Laubsammeln gestattet sind, eiserne und hölzerne Rechen hingegen verboten. Sevelen wiederum erlaubte ab 1907 nur noch weiche Besen, Buchs ab 1919 nur noch Reisigbesen.
Die leeren Laubsäcke wurden gewaschen und getrocknet, um sie dann alternierend in zwei Jahren mit neuem Laub zu befüllen. Dabei musste darauf geachtet werden, dass sich keine Ästchen oder Bucheckern darin befanden, die einem später im Schlafe pieksten. Die Säcke wurden so prall gefüllt, dass man anfangs aufpassen musste, im Schlaf nicht herunter zu purzeln und so mancher benötigte sogar einen Schemel, um seinen frisch gefüllten Laubsack erklimmen zu können.
Mancherorts, vorallem im alpinen Raum, wurde noch bis in die 60-er Jahre auf Laubsäcken geschlafen, so lange, bis sie durch die neu aufgekommenen Matratzen (zum Beispiel Rosshaarmatratzen) abgelöst worden sind.
Wie eingangs erwähnt, spielte der Föhn bei dieser Tätigkeit eine grosse Rolle, er wurde benötigt, damit seine warme Luft die Blätter so richtig dürr werden liess, das war exakt die Zeit, in der wir uns jetzt befinden, nämlich Ende Oktober/anfangs November. Es gibt Zeitzeugen die erzählen, dass es schon Jahre gegeben hat, in denen das Laub nie genug trocken war, der «Lauberi-Föhn» ausblieb und man dann halt noch ein drittes Jahr auf demselben Sack schlafen musste. Es war immens wichtig, dass das Laub richtig dürr war, da sonst später der Inhalt des Bettlaubsacks zu schimmeln begann. Manchmal hatte der Föhnwind beim Lauben ganz schön mitgeholfen und das Buchenlaub in Mulden mehrere Meter hoch zusammengeweht. «Lauberi-Tage» wurden zu richtigen Fest- und Freudentagen, da auch Speis und Trank mit in den Wald genommen worden ist. Manchmal denke ich diesbezüglich schon, wie arm unsere Zeit unterdessen geworden ist, aber ja, wir haben ja nun neuerdings die «importierten Oktoberfeste».
Als später die Matratzen aufkamen, nahm die Bedeutung des Bettlaubes zunehmend ab. Wobei es namentlich Bauern, arme Leute und Arbeiterfamilien waren, die sich keine Matratzen leisten konnten und weiterhin auf Laubsäcken schliefen. Leider gibt es sehr wenige Fotos von diesen Laubsäcken, obwohl es doch damals schon Kameras gab. Aber Bettlaubsäcke galten zunehmend als Zeichen von Rückständigkeit und Armut und wer bitte, will den so etwas noch dokumentiert festhalten?
Die Bettlaubnutzung war damals eine spezielle Art der Streunutzung. Da hierzu hauptsächlich Buchenlaub verwendet worden ist, kam den Buchenwäldern eine besondere Bedeutung zu. Eichenlaub schien nicht beliebt zu sein, vielleicht war es weniger bequem zum liegen. War kein Buchenlaub vorhanden, griff man eher auf Walnuss- oder Ahornlaub zurück. Wobei das Nusslaub sicher einen strengen Geruch verströmte, dafür aber Ungeziefer fernhielt.
Je nach Region konnte sich so ein Bettsackinhalt auch unterscheiden. In gewässernahen Gebieten wurde mit Seegras gefüllt, auf den Alpen, oberhalb der Baumgrenze mit Farn und in Getreidereichen Gegenden mit (Hafer-)Stroh.
Hier findet ihr noch schöne alte Bilder zum Thema, von hier, sowie anhand von Auszügen aus dem Schweizerischen Idiotikon, Beiträgen in meinem Buch «Vom alten Leben» und auch aus den Erzählungen meiner Grosseltern, bezog ich mein Wissen zu diesem Thema: https://www.waldwissen.net/de/lernen-und-vermitteln/forstgeschichte/bettlaubsammeln-im-rheintal