Wir können ihn uns kaum mehr aus den Frühlingswiesen wegdenken: Der Persische Ehrenpreis. Doch habt ihr gewusst, dass es sich dabei um einen Neophyt handelt? Was ist denn überhaupt ein Neophyt und warum ist der Begriff heute in aller Munde? Was sind invasive Neophyten?
Nachfolgend erkläre ich kurz und knapp die Begriffe Archäophyt, Neophyt (Neue Pflanze) und Invasiver Neophyt.
Nach der ersten Eiszeit, also vor ca. 16’000 Jährchen, verliessen jene Pflanzen, die sie überlebt hatten, die Gebiete wieder, in die sich während der Eiszeit geflüchtet hatten. Auch Steppenpflanzen aus dem Osten wanderten ein und liessen sich hier nieder. Diese Pflanzenarten gehören alle zur sogenannt einheimischen Flora. sie sind schon sehr lange da.
Als Archäophyten (Einheimische) bezeichnet man all jene Pflanzen, die bei uns eingeführt und heimisch waren VOR 1500 (Tüpflischisser nennen exakt 1492). Vor 1500 herrschte nämlich bereits eine regelrechte «Pflanzenwanderung», denn schon in der Antike wurden viele Pflanzen via Handelsrouten verbreitet. Auch über die Viehzucht und den Ackerbau kamen Pflanzen beispielsweise aus dem mediterranen Raum und den angrenzenden Gebieten (Südosteuropa, Westasien) nach Mitteleuropa.
So zählt man also all diese Pflanzen, die zwar einst in unsere Gegenden eingeführt worden sind, dies jedoch VOR 1500, zu den Archäophyten, einheimischen Pflanzen, und nicht zu den Neophyten. Zu den Archäophyten gehört beispielsweise der Schlafmohn (Papaver somniferum), die Birne, der Kulturapfel, Weizen, Gerste, Kornblume, Echte Kamille etc.
NEOPHYTEN (Neue Pflanzen) hingegen wurden erst NACH 1500 bei uns eingeführt und zählen daher zu den nicht einheimischen Pflanzen. (Wie der Persische Ehrenpreis auf dem Foto.) Forscher brachten sie beispielsweise mit von ihren Überseereisen und von da in Botanische oder Privat-Gärten. Manche dieser Pflanzen gediehen nur im Schutz der Gewächshäuser, da sie spezielle klimatische Bedingungen erforderten, andere kamen durchaus auch im Freiland zurecht und verwilderten teilweise.
Einige Neophyten gelangten zweifellos auch unbeabsichtigt, beispielsweise über Sämereien in unsere Gebiete.
Die Globalisierung hat diesen Vorgang natürlich verstärkt und so hören wir von immer neuen Pflanzen und auch Insektenarten (Buchsbaumzünsler, Asiatische Marienkäfer, Marmorierte Baumwanze), die über den Import vermehrt hierher kommen. Sicher aber gelangt auch wegen unserer grossen Reiselust so manches Pflanzensämchen oder Getierchen mit dem Gepäck in unsere Länder.
Nun, die INVASIVEN NEOPHYTEN, sind Neophyten, die sich stark auf Kosten der einheimischen Flora ausbreiten. Sie können unter gewissen Voraussetzungen ökonomische und ökologische Probleme verursachen (manchmal auch gesundheitliche, wie Ambrosia oder Riesen-Bärenklau) wenn sie in grossen Massen auftreten.
Invasiv werden sie möglicherweise aus verschiedenen Gründen: Beispielsweise weil in diesen für sie gebietsfremden Gebieten die heimatlichen Schädlinge fehlen, die sie im Schach halten könnten, andererseits finden sie hier nicht nur perfekte klimatische Bedingungen vor, sondern auch eine Landnutzung, die ihre rasche Verbreitung unterstützt. So können ihre Samen beispielsweise eher auf fruchtbaren Boden fallen, wenn – wie hier zulande häufig – kurz gemäht wird.
Zusammenfassend: Pflanzen die vor 1500 bei uns ansässig waren, sind Archäophyten, also einheimische Pflanzen. Pflanzen, die nach 1500 zu uns kamen, sind Neophyten. Invasive Neophyten hingegen sind nicht einheimische Pflanzen, die sich jedoch als Neophyt invasiv verhalten, also sehr stark vermehren und in der Folge Probleme verursachen können.
Tipp: Auf dieser Seite könnt ihr Pflanzennamen eingeben und herausfinden, um welches Indigenat es sich dabei handelt, also entweder ein Neophyt oder Indigene (einheimische Pflanze) https://www.infoflora.ch/de/
Innerhalb der urbanen Wohnbebauung bin ich auf Seiten der Lass-die-Planze-stehen Fraktion. In der freien Natur siet das Ganze anders aus. Da bin ich für den Schweizer Ansatz: enges Überwachen und strukturiertes Bekämpfen!
Auch bzw. gerade beim Kanadischen Berufkraut in meinem Stadtgarten bin ich hin- und hergerissen: Sie tauchte vor Jahren plötzlich auf und kann bei großem Wuchs mit nur einer Pflanze bis zu 250.000 Samen produzieren – natürlich werde ich sie so nicht wieder los. Ja, sie gehört hier nicht her, aber die vielen kleinen Insekten, die von den Blüten magisch angezogen werden, lassen mich immer zweifeln.
Ich komme auch zu einem Kompromiss und vernichte nur ca. 75% der Pflanzen – es bleiben immer noch genügend stehen.
Welchen Zweck hat es im urbanen Raum die invasiven Pflanzen stehen zu lassen? Die Verbreitung von dort in den ländlichen Raum ist immens. Selbst wenn sich dort ein paar kleine Insekten halten, ist die „globale“ Gefahr dem deutlich zu überstellen. An der Stelle dieser Pflanzen würde ja bestimmt etwas anderes heimisches wachsen können oder? Leider sind invasive Pflanzen kein breites Thema der Öffentlichkeit. Viele Leute kennen den Unterschied nicht mal. Die Entfremdung von der Natur und die Baumärkte haben hier großen Einfluss. Die orientalische Zackenschote wird für Raps gehalten, Staudenknöterich in den Auen etabliert, Lupinen…die haben doch Blüten? Nicht alles was blüht ist gut. Da muss man dann auf die Experten hören, denn Lupinen reichern den Boden mit Stickstoff an und machen ihn so für viele andere Pflanzen, die es bitter nötig haben, umbewohnbar. Die Natur ist komplex und so auch das Wirken invasiver Pflanzen. Es ist eine Sache Klimagerechtigkeit zu fordern, aber wer fängt an hier bei uns die notwendigen Schritte zu ergreifen? Das Entfernen und Bekämpfen von invasiven Pflanzen ist Klimagerechtigkeit pur! P.S. wir reden hier gerade nur von den Pflanzen. Da gibt’s noch ordentlich mehr.