Aufruhr im Ameisenstaat

Alle paar Tage mal spaziere ich auf einer Waldlichtung an einem Ameisenhaufen vorbei.

Gestern war der ganze Ameisenstaat in heller Aufruhr: Jemand hat ihren Haufen zerwühlt und unzählige fleissige Arbeiterinnen waren damit beschäftigt, den Schaden so schnell wie möglich zu beheben. Für die Zerstörung des Haufens kommen verschiedene «Täter» infrage.

Schäden an Ameisenhaufen können von ameisenfressenden Vogelarten stammen. Da wäre zum Beispiel der Grünspecht, dessen Leibspeise Ameisen sind und der – um an die Delikatesse zu gelangen – seinen Schnabel wie eine Abrissbirne im Haufen hin und her pendeln lässt. Aber auch Füchse oder Dachse durchwühlen manchmal einen Ameisenbau auf der Suche nach fetten Käferlarven, beispielsweise des Rosenkäfers.

Nun fragt ihr euch vielleicht, wie denn um Himmels willen eine Rosenkäferlarve in den Ameisenhaufen kommt, die wird doch von den Ameisen gefressen? Nein, im Gegenteil:

Käferlarven, z.B. von Rosenkäfern und Vierpunktkäfern (Clytra quadripuctata) leben oft gemeinsam mit den Ameisen im Bau. Sie lassen sich sogar während ihrer Entwicklung zum ausgewachsenen Insekt von den Waldameisen umsorgen. Dies geschieht meist durch die Abgabe von bestimmten Stoffen. Wenig dankbar zeigt sich für dieses Entgegenkommen der Ameisen der Vierpunktkäfer, er frisst während seines Aufenthaltes im Ameisenbau stinkfrech die Brut seiner Gastgeber.

Wie ihr sicher wisst, sind Waldameisen in Mitteleuropa geschützt und auch ihre Bauten dürfen in keiner Weise zerstört werden. Sie erfüllen für den Wald eine wichtige Funktion als Schädlingsbekämpfer, denn so ein Ameisenvolk vertilgt riesige Mengen von Borkenkäfern. Des weiteren stellen die Ameisen eine wichtige Nahrungsgrundlage für verschiedene Spechtarten sowie für zwanzig weitere Vogelarten dar.

Zudem verbreiten die Ameisen die Samen zahlreicher Wildpflanzen und sorgen so für den Erhalt der Artenvielfalt. Auch sind sie wichtig für die Zersetzung von Holz und Laub, das beschleunigt die Humusbildung des Waldbodens.

Noch ein paar Fakten zum Ameisenhaufen, die ich dem Buch «Im Wald – Natur erleben – beobachten – verstehen» von A. Jaun/S. Joss, entnommen habe:

In einem Ameisenhaufen leben etwa 1 Million Waldameisen (Formica) , die alle zusammen nur etwa 7 Kilogramm schwer sind.

Eine Ameise wiegt 7/1000 bis 10/1000 Gramm und kann etwa das 60-fache ihres Körpergewichts tragen. Das würde demnach bei einem 60 kg schweren Menschen einer Last von 3600 kg entsprechen!

Übrigens hat die Waldameise, die ich im Video von meinem Arm abgeschüttelt habe den Sturz überlebt. Sie ist danach mitsamt ihrer Last am Boden weiter ihres Weges gegangen. Ist halt ein Reflex, wenn da was auf einem rumkrabbelt.

Noch ein Wort zu der Ameisenart auf den Bildern: mit ziemlicher Sicherheit handelt es sich hier um die Rote Waldameise (Formica rufa). Allein in Mitteleuropa werden unter dem Begriff «Waldameisen» etwa sieben Arten zusammengefasst.

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