Gestern empfing mich beim Nachhausekommen ein Girlitz (Serinus serinus). Schon von Weitem hörte ich seine anhaltenden, zuweilen knirschenden Strophen, von denen man sagt, sie nennen dabei ihren Namen.
Farblich perfekt getarnt, sass er auf der Spitze des kurz vor der Blüte stehenden Goldregens. Dem Gefieder nach, handelt es sich hier um ein Männchen, das vielleicht eine Dame zu beeindrucken versucht.
Bereits im März konnte ich die ersten Feldgrillenhöhlen im Rasen entdecken, wie immer mit sauber gewischtem «Vorplatz». (Bild Vergleich Gänseblümchen)
Aber obwohl wir vor zwei Wochen bereits sommerliche Temperaturen um 25° hatten, blieben die Grillenkonzerte aus. Erst gestern Abend hörte ich sie zum ersten Mal zirpen. Das hat seinen Grund.
Das Wetter war in den letzten 10 Tagen ausserordentlich kalt, wir hatten Schnee und nachts Temperaturen um die 0°. Kein Flugwetter würde man meinen, doch die Hummeln (Bombus) sind auch bei 3° und kaltem Biswind noch geflogen und haben die Blüten unserer Apfelbäume bestäubt. Temperaturen, bei denen man keine Bienen, nur Hummeln sieht.
Möglich macht das die äusserst effiziente Thermoregulation der Hummel.
Wie wir uns mit der Natur verbinden und Kraft aus ihr schöpfen können
Wir Menschen sind verschieden, das ist jetzt natürlich keine bahnbrechende Neuigkeit. Genauso wenig wie, dass, je älter wir werden, umso mehr uns das Leben geformt und geschliffen hat. Wie das Stück Schwemmholz nach Jahrzehnten in einem Wildbach. Hinzu kommt, dass wir unterschiedlich beschaffen sind, so mögen die einen dem weichen Holz einer Linde gleichen, andere eher dem harten Gehölz einer Akazie oder Buche. Einige von uns gehen biegsam wie eine Weide durch das Leben, andere lassen eher mal einen Ast brechen, als sich zu stark zu (ver-)biegen.
Dann ist es ja auch nicht verwunderlich, dass nun mal nicht jeder Mensch dasselbe empfindet, wenn er beispielsweise in einer lauen Sommernacht auf einer Heumahd im offenen Feld liegt und den blinkenden Sternenhimmel betrachtet, dabei den Duft des Heus einatmet und dem Konzert der Feldgrillen lauscht. Die einen regen sich vielleicht bereits nach kurzer Zeit über pieksende Halme oder eine Ameise auf, die grad über den Arm krabbelt, oder studieren darüber nach, was sie anderntags unternehmen wollen. Die anderen hingegen verbinden sich währenddessen mit der Natur, werden eins mit ihr, der magisch anmutenden Unendlichkeit des Sternenhimmels, der Erde, dem Getier das sie bevölkert, den Pflanzen die sie bewachsen. Das hat nichts mit Esoterik zu tun, sondern ganz einfach damit, dass man für eine Weile alles, wirklich alles loszulässt, sich ganz öffnet und dem Moment hingibt. Genau dann, wenn wir unsere «Antennen» auf Empfang eingestellt haben, ist es uns möglich, mit der Natur zu verbinden, Kraft aus ihr zu schöpfen.
Bei vielen Menschen sind diese Antennen auf «Aus» eingestellt. Sie bewegen sich zwar in der Freizeit in der Natur, joggen oder flitzen mit dem Velo durch den Wald, oder gehen auch mal auf Wanderschaft, um danach mit schönen Bildern vom Gipfel nach Hause gehen zu können; aber sie sehen die Blume am Wegrand nicht, achten sich nicht auf den Eichelhäher, der ihr Ankommen im Wald lautstark verkündet, den Warnpfiff des Murmeltiers, die Spuren des Dachses im Matsch zu ihren Füssen, oder die des Eichhörnchens, sehen nicht wie majestätisch die Greife am Himmel ihre Kreise ziehen, riechen nicht den würzig-aromatischen Harzduft an einem heissen Sommertag im Wald.
Das soll weder ein Vorwurf noch wertend sein; es ist die Zeit, sie hat die Menschen in unseren Breiten sich immer mehr von der Natur entfremden lassen. Durch den stetig gewachsenen Wohlstand sind die Wünsche und Ansprüche gestiegen und parallel dazu auch der Druck, diese stets – auch künftig – befriedigen zu können. Dabei haben wir von so Vielem zu viel und doch von den wirklich wichtigen Dingen des Lebens immer öfters zu wenig. Natürlich kommt es auch da wieder drauf an, was jeder Einzelne für sich im Leben als wichtig erachtet und was nicht, dementsprechend werden die Prioritäten unterschiedlich gesetzt.
Tatsache ist, dass – aus welchen Gründen auch immer – stets mehr Menschen gestresst, frustriert und ausgelaugt sind. Und immer mehr, vollkommen Erschöpfte, bleiben irgendwann zwischen zwei Tankstellen stehen, wie ich zu sagen pflege. Vielleicht auch, weil viele von uns gar nicht mehr wissen, wie sie wirksam auftanken können. Wir alle wissen mittlerweile, dass es der Gesundheit zum Beispiel absolut nicht zuträglich ist, auch am Wochenende noch berufliche Mails oder WhatsApps zu beantworten. Das Handy ist ja meist stets präsent, womit wir auch jederzeit erreichbar, aber dadurch auch nie wirklich offline sind. Mag sogar Firmen geben, die das erwarten, müssen sich dann über nicht über hohe Kosten infolge stressbedingter Arbeitsausfälle wundern.
Die andere Frage ist: Können wir uns wirklich erholen, wenn wir Wochenende für Wochenende jede freie Minute mit Aktivitäten ausfüllen? Ist es nicht auch dieser Freizeit-Hyperaktivismus, der viele krank macht, weil er eine Regeneration erschwert?
Viele Menschen aber halten es kaum mehr aus, einfach mal NICHTS zu tun, zum Beispiel zehn Minuten einfach nur auf dem Waldboden zu sitzen, an einen Baumstamm angelehnt, dem Gesang der Vögel lauschend; oder eine Spinne dabei zu beobachten, wie sie ihr kunstvolles Netz webt. Ich hätte jetzt dazu keine Studien benötigt, die mittlerweile schwarz auf weiss wissenschaftlich bestätigen, was ich als mittlerweile über 60-jährige schon in jungen Jahren verspürt habe: In der Natur draussen zu sein tut mir einfach saugut. So viele Male schon, bin ich mit dem einen oder anderen Zipperlein oder seelischem «Rappel» auf einen Spaziergang in den Wald gegangen und kam nicht nur gut gelaunt und erfrischt an Körper und Geist, sondern auch schmerzfrei wieder zurück.
Was ich schon immer praktiziert habe, nennt sich heute «Shinrin Yoku» ist japanisch und steht für Waldbaden, eine Heiltechnik, einst 1982 vom japanischen Gesundheitsministerium und dem Ministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei eingeführt. Schon damals wollte man damit den stressgeplagten Menschen helfen. «Shinrin Yoku» stellt die physische und psychische Gesundheit des menschlichen Körpers durch eine «Fünf-Sinne-Erfahrung» (Hören, Tasten, Sehen, Riechen, Schmecken) wieder her. Damit sich Blutdruck, Cholesterinspiegel, Herzfrequenz und Muskelanspannung senken und sich die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol reduziert, muss man sich bewusst auf die Welt der Bäume einlassen.»*
Womit wir wieder beim Liegen im Heu unter dem Sternenhimmel wären. Die Natur, insbesondere eben auch ein Aufenthalt im Wald, kann uns so viel geben. Der Waldbadeguide und «zertifizierte «Shinrin-Yoku Gesundheitstrainer» Hassan Hjaij sagt dazu in einem Interview mit Judith Supper: «Es geht darum zu lernen, wie man als Mensch wieder zur Ruhe kommt. Aus der Hirnforschung wissen wir, dass unser Gehirn zahlreiche Filterfunktionen hat. Ständig muss es auswählen, welche Reize wichtig und welche unwichtig sind, um sich vor einem Informationsüberfluss zu schützen»*. Als Konsequenz werde die Wahrnehmung eingeschränkt. Ein bewusster Aufenthalt im Wald öffne jedoch diesen Filter und im Gehirn passiere etwas, das es zur Ruhe kommen lasse. Gemäss Supper nimmt zudem, wer Waldluft einatmet, flüchtige organische Substanzen auf (Terpene und Phytonzide), anhand derer Pflanzen sich untereinander austauschen, aber auch gegen Krankheitserreger und Schädlinge schützen. Solche Substanzen seien auch in der Lage, das menschliche Immunsystem zu stärken und gleichzeitig das allgemeine Wohlbefinden zu fördern.
Auch dazu existieren Studien, veröffentlicht 1984 in «Science», einem Wissenschaftsmagazin, doch ehrlich gesagt habe ich noch nie viel auf Studien gegeben, für mich ist das wichtig, was ich selber erfahre, erlebe und das ist kurz und knapp einfach: Die Natur tut meinem Körper und Geist einfach sehr gut, basta!
Übrigens: Ein ausführliches Interview mit dem im Beitrag zitierten Hassan Hjaij erschien in einem Artikel von Judith Supper, mit dem Titel «Im Grünen baden» (Gartenmagazin «Pflanzenfreund» (10/11 2023)
Kürzlich lief ich entlang eines Waldrandes, als mir plötzlich ein sehr intensiver Blütenduft in die Nase stach. Den kenn› ich doch, dachte ich, aber auf meiner (geringen) Höhe sah ich keinen Strauch der blüht. Erst als ich ein paar Schritte rückwärts machte und nach oben schaute, sah ich ihn: einen grossen, blühenden Stechpalmenbaum (Ilex aquifolium).
Stechpalmen warten bezüglich ihres Geschlechts mit einer ganz speziellen Eigenartigkeit auf.
Heute im Wald, die Vögel benutzten die kurze Aufhellung zwischen den Schnee- und Regenschauern für eine Konzerteinlage. Da kann man gar nicht anders, als stehen bleiben und lauschen.
Jetzt blüht es wieder, das Schöllkraut (Chelidonium majus) und ziert fast jedes Gehöft in der Umgebung. Es wächst beim Miststock, entlang der Scheune und Stallmauer und ist von alters her DIE Geheimwaffe gegen Warzen.
Es will nicht aufhören zu schneien – von wegen wechselhaftes Wetter im April! – wäre schön, endlich auch mal wieder die Sonne zur Abwechslung zu sehen.
Ob das wohl auch dieser Graureiher (Ardea cinerea) denkt, der da just vor unserem Wohnzimmer mit seinen langen Beinen in der schneebedeckten Wiese herumstakst? Er teilt sie auf der Suche nach Nahrung zur Zeit mit den Greifvögeln: Rotmilanen und Mäusebussarden.
«Fishermans friend» ist der grosse, elegante Schreitvogel ja nicht gerade, auch nicht der Freund von so manchem Besitzer von mit Fischen besetzten Gartenweihern. Von Nachbarn weiss ich, dass ein Graureiher innert Kürze einen Tümpel leeräumen kann.
Das ist auch der Grund, warum ihn der Volksmund häufig als «Fischreiher» und nicht als Graureiher bezeichnet. Dabei geht vergessen, dass der Graureiher durchaus auch viele Mäuse – und wo vorhanden Ratten – vertilgt.
Graureiher sind bis zu 102 cm gross und haben eine beeindruckende Flügelspannweite von 170 cm. Im Flug lässt er sich gut von Störchen oder Kranichen unterscheiden, indem er – im Gegensatz zu den beiden genannten – seinen Hals im Flug s-förmig anwinkelt.
Insbesondere in den Wintermonaten – oder wenn es eben mal Schnee im April hat, wie dieser Tage – ernährt sich der Graureiher von Wühlmäusen und anderen Kleinsäugern.
Dieses Bild entstand während eines veritablen Schneesturms vor zwei Stunden. Noch vor einer Woche hatten wir hier über 25° und die Bauern brachten das erste Heu ein.
Heute aber fanden selbst die Vierbeiner, bei diesem Wetter schickt man doch keinen Hund nach draussen.
Ich wünsche euch allen von Herzen einen schönen Sonntag, am besten in der Nähe vom «Chuuscht» (Kachel-/Ofen),
Ab April (Eiben dieses Jahr bereits im März) beginnt die Blüte vieler Nadelbäume, was dann über Nadelwäldern je nach Wetterlage grosse gelbe Wolken von Blütenstaub aufwirbeln kann.
Eine einzige Fichte (Picea) produziert Milliarden von Pollen, bei der Waldkiefer (Föhre, Pinus sylvestris) sind es bis zu fünf Millionen Pollenkörner pro Blüte (!), die der Wind mit sich trägt, manchmal sogar kilometerweit. Derweil stehen ihr weiblichen Blüten, kleine purpurrote Zäpfchen da und empfangen die männlichen Pollenkörner mit weit geöffneten Schuppen.
Ich bin mit einer grossen Föhre und einer Latschenkiefer nah am Haus aufgewachsen und jeden Frühling, war um diese Zeit – sehr zum Leidwesen meiner Grossmutter – alles, wirklich alles gelb vom vielen Pollenstaub: der gedeckte Sitzplatz mit den Tischen, Stühlen und Kissen, die Fenster und ihre Rahmen, einfach alles war von einer gelben Staubschicht überzogen.
Später mussten wir leider beide fällen, die gross gewordene Föhre, weil sie zu nah am Haus gepflanzt worden war und begonnen hat, mit ihren Wurzeln Schäden am Gebäude zu verursachen, die Latschenkiefer, weil sie von einer gefährlichen Bakterienkrankheit befallen wurde.
Nun aber steht bereits wieder eine grosse Föhre vor meinem Büro, sie wurde mir als kleine Pflanze von einem «Bäumigen», einem Forstwart, geschenkt. Sie sorgt nun wieder für viel gelben Pollenstaub, hinzu kommen noch die Pollen der alten Korea-Tanne (Video), an der meine Grossmutter stets so grosse Freude gehabt hat.
Die beiden sorgen dafür, dass das Dachwasser, mit welchem ich meine Regenwassertonnen fülle, von einer dichten gelben Pollenschicht überzogen ist.
Auch auf Fahrzeugen hinterlassen die Pollen ihre Spuren, wie zum Beispiel auf diesem Auto, das ich auf einer Gassitour fotografiert hatte. Nun aber, nach intensiven Niederschlägen, steht es bereits wieder blitzblank gewaschen da.
Allergikern kommt nasses Wetter zugute. So sorgen heute intensive Regen- und Schneeschauer, im Halbstundentakt für eine Reinigung der Luft und lassen die Pollen als gelbe Sosse im Rinnstein davonschwimmen.
Will man den Aussagen von A. Jaun / S. Joss in ihrem Buch «Wald» jedoch Glauben schenken, verursachen die Pollen von Nadelbäumen (Fichten, Föhren, Lärchen und anderen) im Gegensatz zu Laubbaumpollen, keine allergischen Reaktionen. – Nun, ob es wirklich «keine» sind, oder vielleicht einfach sehr selten, sei dahingestellt, mich jedenfalls haben sie tatsächlich noch nie in der Nase gekitzelt, selbst wenn mein Daheim förmlich unter einer gelben Wolke zu verschwinden drohte.
Unterstütze das Natur-Tagebuch
Liebe Leserinnen und Leser
Mit viel Liebe und Zeit entstehen hier Inhalte, die die Vielfalt unserer Natur erlebbar machen. Deine Spende hilft, diese Arbeit fortzusetzen und weiterhin Inspiration für eine tiefere Verbindung zur Natur zu teilen.🌿
Spenden sind bequem über PayPal und TWINT möglich. Einfach direkt auf das entsprechende Logo klicken: